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Archiv-Artikel

Mehr als 70 Tote an einem einzigen Tag

SYRIEN Augenzeugen berichten von einem vierstündigen Feuergefecht in der Region Deraa. Im November gab es bislang 250 Opfer

BEIRUT/ANKARA dapd | In Syrien hat der Aufstand gegen das Regime von Präsident Baschar Assad einen neuen, blutigen Höhepunkt erreicht. Wie Oppositionelle am Dienstag mitteilten, wurden allein am Montag mehr als 70 Menschen getötet. Viele von ihnen seien Soldaten gewesen, die von Deserteuren angegriffen wurden.

Aktivisten versicherten, die Proteste gegen die Regierung verliefen weitgehend friedlich. Daneben kommt es jedoch seit einigen Monaten gelegentlich auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Ein Bewohner der Region Deraa, einer der Hochburgen des Aufstands, berichtete am Dienstag, er habe ein mehr als vierstündiges intensives Feuergefecht gehört. Ein Aktivist aus der Gegend sagte, er habe zwölf Leichen gezählt. Wahrscheinlich seien es Zivilisten gewesen, die von Sicherheitskräften getötet worden seien. „Ich sah zwei gepanzerte Truppentransporter, die vollkommen ausgebrannt waren“, teilte er telefonisch mit.

Die örtlichen Koordinationskomitees der Opposition identifizierten 50 Personen, die am Montag getötet worden seien. Die in Großbritannien ansässige syrische Beobachtergruppe für Menschenrechte berichtete von über 69 Toten. Davon seien 34 Soldaten gewesen. Allein in der Stadt Homs wurden in der Leichenhalle 19 Tote gezählt, alle wiesen Schusswunden auf. Unterschiedliche Angaben über Opfer sind nicht ungewöhnlich, da Syriens jegliche unabhängige Beobachtung verhindert und die meisten ausländischen Journalisten ausgesperrt hat. Deshalb sind Berichte von Aktivisten und Augenzeugen die wichtigsten Quellen.

Nach Schätzungen der UNO sind beim Vorgehen des Regimes gegen seine Gegner bisher 3.500 Personen getötet worden. Der November war mit 250 Toten bisher der blutigste Monat, teilten Aktivisten mit.

Die Unruhen in Syrien haben zugenommen, seit Assad unter verstärkten internationalen Druck nicht nur aus dem Westen, sondern auch von arabischen Nachbarn gerät. Am Montag forderte König Abdullah II. von Jordanien Assad auf, zum Wohle seines Landes zurückzutreten. Nach dem der Appell des Königs bekannt geworden war, wurde die jordanische Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus angegriffen. Der Sprecher des Außenministeriums in Amman, Mohammad Kayed, teilte mit, etwa 100 Demonstranten hätten sich vor der Botschaft versammelt. Drei seien über den Zaun geklettert und hätten Jordaniens Flagge heruntergerissen. Ins Gebäude selbst sei niemand eingedrungen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Dienstag, mit dem brutalen Vorgehen gegen seine Kritiker drohe Assad auf eine Liste führender Politiker zu gelangen, die sich „von Blut ernähren“. Er forderte Assad auf, die Verantwortlichen für die Angriffe auf diplomatische Missionen der Türkei in Syrien vom Samstag zu belangen.