Mastbetriebe: Widerstand gegen Hähnchenfarmen
Niedersächsische Gemeinden wehren sich gegen geplante Tiermastanlagen. Dabei warnt sogar die Landwirtschaftskammer davor, dass Mäster nur bei optimalem Management schwarze Zahlen schreiben können.
Eine Großoffensive niedersächsischer Hühnerbarone bedroht das Wietzebruch. Die Emsland Frischgeflügel GMBH, eine Tochter der Rothkötter Kraftfutter GmbH, plant um die 8200-Seelen Gemeinde Wietze herum 150 Mastbetriebe und einen Hähnchenschlachthof, der pro Woche eine Million Tiere verarbeitet..
Gleichzeitig sollen nach dem Willen der PHW-Gruppe (Marken: Wiesenhof, Bruzzzler, Heidegold) entlang der A 7 200 neue Mastbetriebe entstehen. Das Versprechen: Arbeitsplätze, Gewerbesteuern und sichere Renditen. Doch in den Gemeinden regt sich Widerstand.
Zum Beispiel in Baddeckenstedt bei Wolfenbüttel. Ende September versammelten sich 100 Bürger im Dorfgemeinschaftshaus. Die Rede war von Asthma und Allergien, Geruchs-, Lärm- und Schadstoffimmission. Heiko Süß, Sprecher des Arbeitskreises gegen Massentierhaltung: "Zwischen Cloppenburg und Vechta ist alles dicht, jetzt soll unsere Region zugeschissen werden".
Das kann man so sehen. Im Emsland wehren sich mittlerweile 22 Gemeinden gegen Geflügel-und Schweinemastanlagen. In Glandorf (Landkreis Osnabrück) sah sich Bürgermeister Franz Josef Strauch (CDU), genötigt, an die Parteifreunde in der großen Politik zu appellieren: Mann müsse sich " in Hannover und in Berlin mit dem Thema beschäftigen".
Zumindest in der Landeshauptstadt fand sein Anliegen Gehör. Friedrich-Otto Ripke (CDU), Staatssekretär in Niedersachsens Landwirtschaftsministerium, sah ein, dass "im Nordwesten kein Wachstum mehr möglich ist". Auf einer Versammlung der Landwirtschaftskammern, sagt Ripke, habe er "also mal auf die Hildesheimer Börde verwiesen und den Landstrich an der A 7". Er selber sei aber "lediglich vermittelnd" tätig. Für Baugenehmigungen sind die Gemeinden zuständig.
Das weiß auch Wilhelm Flemming, Geschäftsführer der Firma Rothkötter. Das Unternehmen will spätestens 2011 in Wietze einen Hühnerschlachthof eröffnen. Um pro Tag 100.000 Hähnchen verarbeiten zu können, braucht er 100 Landwirte, die neue Mastställe mit jeweils 40.000 Plätzen bauen. Deshalb tourt er durch den Landkreis Celle. Den Bauern sagt er: "98 Prozent der Deutschen wollen Fleisch essen - zehn Kilo Huhn pro Jahr. Unschlagbar sei die "Produkteffizienz": die Ausnutzung des Futters pro Kilo Fleisch, was die Sache für Getreideproduzenten attraktiv macht. So attraktiv, sagt Flemming, dass ein Mäster ruhig "500 000 Euro investieren" könne, um einen Betrieb in der von Heidemark geforderten Größenordnung aufzubauen.
Den Gemeindevorstehern gegenüber erwähnt er 40 Millionen Euro Baukosten und 1.000 Arbeitsplätze. Den Rest, sagt Wietzes Bürgermeister Wolfgang Klußmann (CDU), "kann ich mit geschlossenen Augen herunterbeten". Für die von zehn Prozent Arbeitslosigkeit geplagte Gemeinde bedeute der Hühnerschlachthof "mehr Kaufkraft, mehr Gewerbesteuern, weniger Abwanderung". Für ihn ist der Hühnerfriedhof "ein Glücksfall". Klußmann sagt, er kenne Argumente der Massentierhaltungsgegner. Einige teile er. Aber vieles davon sei "auch verlogen". Er habe eine Rothkötter-Schlachthof im emsländischen Haren besichtigt. "Von Geruchsemissionen oder Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen habe ich nichts gemerkt." Außerdem werden diese Fragen "von uns eingehend geprüft, ehe wir eine Baugenehmigung erteilen".
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft e.V. (AbL) hält das für naiv. Man verweist auf die Abhängigkeit der Vertragsmäster von den Hähnchenkonzernen. "Sie geben die Kosten von Futter und Küken vor, kontrollieren den Preis der Schlachttiere und können so die Rentabilität steuern", sagt der Landesvorsitzende Martin Schulz. Selbst die Landwirtschaftskammern warnten, dass Mäster nur bei "bestem Managament schwarze Zahlen schreiben".
Für den grünen Landtagsabgeordnete Christian sind die Tierhaltungsanlagen ein Irrweg. Die Lebensqualität verschlechtere sich "und andere Wirtschaftszweige wie der Tourismus werden in Mitleidenschaft gezogen". Zudem bedeute der Aufbau einer großen Tierhaltungsanlage, dass viele bäuerliche Betriebe ihre Tierhaltung in Niedersachsen aufgeben müssten: "Diese Politik vernichtet Arbeitsplätze."
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