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■ Maßnahmen Israels nach dem jüngsten AttentatDas Versagen der Politiker

Das israelische Kabinett war sich schnell einig. Als Reaktion auf den schrecklichen Bombenanschlag am Sonntag morgen bei Netanja, bei dem 18 Menschen getötet und 60 weitere Personen verletzt wurden, beschloß das Parlament die vollständige Abriegelung des autonomen Gaza-Streifens und der Westbank. Als weitere „geeignete“ Maßnahmen gegen den palästinensischen Terror wurden die Gespräche über die Freilassung weiterer palästinensischer Häftlinge und die geplante Eröffnung der Transitwege zwischen den Autonomiegebieten Gaza und Jericho abgesetzt. PLO-Chef Arafat, der nach dem neuen Gewaltakt wieder unter dem Druck steht, die Abtrünnigen aus den eigenen Reihen unter Kontrolle zu bringen, schickte seinerseits die vom israelischen Geheimdienst unterstützte palästinensische Polizeitruppe los, um vermeintliche Mitglieder der für den Anschlag verantwortlich zeichnenden Islamistenorganisation Jihad al-Islami verhaften zu lassen.

Der begonnene Friedensprozeß, ist – so hat sich schon mehrmals gezeigt – durch die Terrorakte von palästinensischer wie von Siedlerseite nicht zu stoppen. Auch jetzt werden die Verhandlungen nicht grundsätzlich ausgesetzt. Die von der israelischen Regierung beschlossenen Maßnahmen dienen einer Unterbrechung der Gewaltspirale allerdings in keiner Weise. Den Gaza-Streifen und die Westbank abzuriegeln bedeutet für 50.000 Arbeiter den Entzug des Lebensunterhalts, den sie in Israel verdienen müssen. Für die politischen Gefangenen in israelischer Haft, die in ihrer großen Mehrheit nicht den Islamisten, sondern der Arafat-Fraktion Fatah angehören, verlängern die Regierungsbeschlüsse die Zeit des Freiheitsentzugs. So wächst mit den Familien und Freunden der Gefangenen das Potential derer, die wachsende Sympathien für die militärischen Aktionen der Islamistenorganisationen zeigen. Wollte Israels Regierung den militanten Islamisten ihre Anhängerschaft entziehen, so müßte sie alles daransetzen, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Die erneute Abriegelung der Palästinensergebiete, durch die im übrigen kein einziger zum eigenen Tod bereiter Islamist gehindert werden kann, Attentate zu verüben, ist deshalb höchst kontraproduktiv.

Jassir Arafat muß den politischen Dialog mit den Islamisten führen, statt sie zu verfolgen. Das ist, gerade unter dem Druck, der nach jedem Attentat auf ihm lastet, schwierig, jedoch die einzige Möglichkeit, den Jihad al-Islami und eher noch Hamas in den Friedensprozeß einzubinden und die militärischen Einheiten der Islamisten zu isolieren. Wenn bis zu einem wirklichen Frieden im Heiligen Land so viel Blut fließt, trägt das Versagen der Politiker seinen Teil dazu bei. Kirsten Maas

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