Mankell-Krimi "Die falsche Fährte": Schwedisch für Anfänger
Der Brite Kenneth Branagh ist der neue Wallander. Die Methoden des Kommissars aus Ystad sind aber nicht gerade die feine englische Art. (ab Fr., 21.45 Uhr, ARD)
Sind Briten die besseren Schweden? Was Wallander-Krimis angeht, schon. Denn die in früheren Verfilmungen gern mal arg gedrückte Stimmung wird in der dreiteiligen BBC-Miniserie durch die packend-schnelle Inszenierung hinweggerissen. Und Kenneth Branagh gibt seinen Kommissar Wallander als knallharten Ermittler mit nur hier und da eingebauten Schüben wohldosierter Depression.
Gelb blüht in "Die falsche Fährte" also der Raps und mittendrin steht eine junge Frau und alles könnte sehr schön sein, wenn diese Frau nicht panische Angst und einen Kanister Benzin bei sich hätte und sich angesichts des nahenden Polizisten Wallander anzünden würde. Doch bevor der sich ernsthaft um das Schicksal der unbekannten 15-Jährigen kümmern kann, hat er gleich die nächste Leiche an der Hacke:
Gustav Wetterstedt (Malcolm Tierney) wurde nicht nur ermordet, sondern auch noch skalpiert. "Die Axt war scharf und der Hieb sauber", sagt der Pathologe vom Dienst ganz trocken - und Wetterstedt vormals Justizminister. Das sorgt natürlich für erhöhte Aufmerksamkeit, zumal auch der nächste Mord auf die gleiche Art geschieht und höhere Kreise trifft. In der Familie des angesehenen Kunsthändlers Arne Carlmann (Lars Humble) herrschen zudem noch unterschwellig schwerste Spannungen - und plötzlich unternimmt die Tochter einen Selbstmordversuch. Wenigstens etwas Licht ins Dunkel bringt der Exjournalist Lars Magnusson (John McEnery), der schon vor Jahren über die angebliche Verwicklung der beiden Mordopfer in einen Skandal mit minderjährigen Prostituierten recherchiert hatte. Damals hatte ein hoher Polizeibeamter die beiden Herren gedeckt …
Doch Wallander hat nicht nur an der Ermittlerfront alle Hände voll zu tun: Das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis lastet natürlich auch auf dieser Folge, zumal sich seine Tochter (Jeany Spark) nach der Trennung von seiner Frau nicht gerade besser fühlt.
Mit Philip Martin führt hier übrigens niemand Geringeres als der für die Helen-Mirren-Krimis "Prime Suspect" Verantwortliche Regie. Was man auch an der wunderbar ironischen Verschränkung der beiden Handlungsstränge - Krimi und Familientherapie - in "Die falsche Fährte" sieht: Der gegen Wallanders Willen hinzugezogene Profiler Mats Ekholm (Joseph Chance) sieht aus wie ein Musterstreber im vom älteren Bruder geliehenen Anzug, sorgt aber gleich an der beruflichen wie der privaten Wallander-Front für den entscheidenden Durchbruch.
Und so spielen in den Hauptrollen durchweg angelsächsische Schauspieler Schweden, dass man sich mitten in London fühlen könnte - wenn nicht der Himmel so weit, das Meer so nah und die Holzhäuser so schön bunt wären.
Allen voran natürlich Branagh, der die Mini-Serie auch mitproduziert und für seinen Wallander Ende April schon den britischen TV-Preis Bafta bekam. Auch die hervorragende Kamera (Anthony Dod Mantle) ist eher britischen Krimitraditionen verpflichtet: Sie macht ordentlich Tempo und bremst dann abrupt, manchmal springt sie hektisch von Bild zu Bild - um gleich darauf elegisch zu schwelgen.
Warum die ARD die drei Folgen allerdings kompakt hintereinander über Pfingsten zeigt, anstatt damit dreimal freitags über die übliche "Tatort"-Wiederholungstristesse hinwegzuhelfen, wird - anders als die Jagd nach den Skalps - nicht aufgeklärt.
Zweite Folge: "Die Brandmauer", Sonntag, 31.5.;
Dritte Folge: "Mittsommermord", Montag, 1.6.
jeweils 21.45 Uhr, ARD
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