MÜNTEFERING KURVT UM DIE BAUSTELLEN DER RENTENPOLITIK : Lieber Zukunftspläne machen
Während sich die Union pfeifend zurücklehnt, ist die SPD auf zwei verschiedenen Rentenbaustellen unterwegs. Erstens muss Sozialminister Franz Müntefering erklären, wie er gleichzeitig die Rentenbeiträge nicht steigen lassen, die Renten nicht kürzen und die Steuerzuschüsse zur Rente einfrieren will. Für diesen Vorgang ist der Begriff „Quadratur des Kreises“ noch unzureichend. Zweitens muss Müntefering erklären, wie er ab 2012 alle Älteren in Arbeit kriegen und so die Rente mit 67 rechtfertigen will. Denn eines ist bei der SPD angekommen: Wer keine Jobs für über 50-Jährige schafft, verantwortet mit einem späteren Rentenbeginn schlicht eine Riesenrentenkürzung.
Müntefering hat sich entschieden, vor den drei Landtagswahlen Ende März lieber mehr über die Rente von morgen als über die Rente von heute zu reden. Deshalb hat er eine Beschleunigung des „Rente mit 67“-Plans auf den Tisch geknallt – und reichte gestern ein Besänftigungspapier der jetzigen 20 Millionen Rentnerwähler ins Kabinett, das eine Rentensenkung in diesem Jahr verhindert.
Möglicherweise aber reicht es nicht mehr, darauf zu vertrauen, dass Menschen unter 50 irgendwie immer meinen, das Thema Rente habe mit ihnen nichts zu tun. Bislang haben die Jüngeren sämtliche Kürzungen ihrer eigenen Rentenansprüche zwar recht unbeeindruckt hingenommen. Doch die aktuelle Debatte über die Rente mit 67 könnte das ändern. Denn mittlerweile steht etwa vielen Babyboomern – das sind die geburtenstarken 1960er-Jahrgänge – deutlich vor Augen, dass ihre Bröckelbiografien ihnen keine großartigen Altersbezüge bescheren dürften.
Ihnen verkauft die SPD nun die Rente mit 67 mit dem Argument, dass schon die Demografie dafür sorge, dass auch die Babyboomer in zwanzig Jahren noch in Arbeit bleiben können. Denn der Arbeitsmarkt sei dann entspannt. Ach ja? Warum sind Rentenkürzungen denn dann überhaupt nötig? Es wäre schon merkwürdig, wenn die Betroffenen eine so unwägbare Politik achselzuckend zur Kenntnis nähmen – zum Wohlgefallen der Privatversicherer. ULRIKE WINKELMANN