: MSV auf Umwegen
Der MSV Duisburg ist selbst ernannter Erstligist: Rudi Bommer soll den Absteiger wieder nach oben bringen
DUISBURG taz ■ Ein Jahr nach dem Bundesliga-Aufstieg wurde in der MSV-Arena wieder richtig auf die Pauke gehauen. Damals dauerte die Party drei Wochen. Und jetzt? Keeper Georg Koch schmetterte auf dem Zaun der Nordkurve mit den Fans ein sattes Humba-Tätärä, während der Rest der Mannschaft zur ausgiebigen Ehrenrunde antrat. Es ist nicht etwa so, dass die Duisburger doch noch den kaum für möglich gehaltenen Klassenerverbleib gepackt hätten und auch das kurz zuvor erspielte 0:0 gegen den FSV Mainz brachte wenig Anlass zur Begeisterung. Als Tabellenletzter sind die Duisburger mit der erbärmlichen Bilanz von nur fünf Saisonsiegen abgestiegen.
Nach ihrem Selbstverständnis gehören sie aber für alle Zeiten der Bundesliga an und wollen dort auch in einem Jahr wieder sein. „Natürlich sitzt der Schmerz tief, aber wir schütteln uns und steigen dann wieder auf“, sagte Vereinspräsident Walter Hellmich wenig überraschend. Der Mann, der den MSV erst vor dem Konkurs bewahrte, dann ein neues Stadion baute und schließlich den Aufstieg gewährleistete, sieht den Absturz eher als kleinen Umweg bei der Planerfüllung, sich endgültig im großen Fußball festzusetzen. „Ich greife gerne hoch in die Tasten und das wird auch so bleiben“, sagte Hellmich.
In Rudi Bommer glaubt er einen idealen Partner gefunden zu haben. Am Samstag war der neue Coach bereits Tribünengast, am ersten Juli tritt er seinen Dienst an. Bommer zeigte sich begeistert von seiner künftigen Arbeitsstätte: Die Fans, die ihr Team trotz des seit Wochen feststehenden Abstiegs immer noch feierten seien erstklassig und außerdem habe die Mannschaft einen tollen Charakter. Für Bommer ist das nicht unerheblich, denn 17 Spieler besitzen einen Vertrag für die 2. Liga. In einem Gesprächsmarathon habe der 48-Jährige bereits erörtert, dass „alle bleiben und den Aufstieg schaffen wollen“. Darunter auch Klemen Lavric, dem Erstliga-Angebote nachgesagt werden und mit dessen Verkauf der für die Lizenz geforderte Transferüberschuss erzielt werden könnte. In den nächsten 14 Tagen wolle man den Kader zusammenhaben.
Bommer geht das Unternehmen völlig unaufgeregt an. Die Zweitklassigkeit mit dem dazugehörigen Druck kennt der Ex-Profi, der einst 417 Bundesligaspiele für Düsseldorf, Uerdingen und Frankfurt bestritt. Die Frage, ob er sich denn einen Sportdirektor wünsche, beantwortet er ganz diplomatisch: „Unterstützung ist nie verkehrt, aber bei 1860 München hatte ich auch keinen Manager im Rücken und holte trotzdem neue 13 Spieler.“ Dass Bommer beim damaligen Zweitliga-Absteiger nach fünf Monaten scheiterte, hätte seinem Ruf nach dreijähriger guter Arbeit in Burghausen nicht geschadet. „Die Loblieder auf Bommer hallen von Burghausen bis weit über den Rhein“, meinte Hellmich.
Was die vakante Position des Sportdirektors angeht, muss ohnehin einer her, der das uneingeschränkte Vertrauen des Präsidenten hat. Immer noch grämt sich Hellmich, dass ihn seine Gabe der Menschenkenntnis bei Jürgen Kohler im Stich gelassen habe. Kohler, nach nur vier Monaten wieder entlassener Trainer und Sportdirektor in Personalunion, passte nicht zum MSV-Boss. Nun wird Ex-Coach Norbert Meier wieder ins Spiel gebracht. Weil Hellmichs Kumpel Meier wegen seines Kopfstoßes gegen den Kölner Spieler Albert Streit aus dem Amt genommen werden musste, könnte eine Wiedereinstellung dem Image des Vereins schaden – als Präsidenten-Berater wirkt er aber bereits im Hintergrund.
„Wir haben genug Geld, um eine starke Mannschaft aufzubieten“, sagte Hellmich. „Aus Duisburg kommen Malocher, die wissen, wo die Schippe hängt“, bekräftigt mit Kapitän Koch der Stützpfeiler des alten und neuen Teams. Die Fans hören das gerne, denn in einem Jahr wollen sie mal wieder einen richtigen Grund zur Party haben.
ROLAND LEROI