MIT DER WÄHRUNGSUNION AUF DU UND DU: EG-Zentralbank erst 1996
■ Finanzminister verschieben das Prestigeprojekt
Luxemburg (afp/taz) — Der EG- Streit um das Gründungsdatum der Europäischen Zentralbank ist beigelegt. Bei den Beratungen der Finanzminister zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) konnten sich die EG-Partner darauf verständigen, das Prestigeprojekt 1994 noch nicht ins Leben zu rufen. Statt dessen soll, wie in den Beschlüssen des EG-Gipfels vom Dezember festgelegt, zunächst eine währungspolitische Institution geschaffen werden. Es sei erkannt worden, so der Bonner Staatssekretär Horst Köhler, Begriff und Namen für eine Zentralbank-Institution aufzuheben, die auch entsprechende Kompetenzen und Glaubwürdigkeit besitze.
Insbesondere die deutschen Regierungsvertreter hatten darauf gedrängt, eine Zentralbank, die später auch die EG-Währung Ecu ausgeben soll, nicht schon 1994 zu gründen, da sie in dieser Phase eine „leere Hülse“ wäre. Die Kompetenzen für die Geldpolitik müßten zu Beginn des zweiten WWU- Abschnitts in nationalen Händen bleiben. Frankreich hingegen hatte auf ein früheres Gründungsdatum gepocht, in Luxemburg aber seine Bedenken zurückgestellt. Einig sind sich die Mitgliedsstaaten, daß die nun vorgesehene Institution auch Kompetenzen erhalten soll — etwa in Bezug auf die Rolle des Ecu. Die Bundesregierung prüft derzeit eine Verwendung des Ecu bei Schecks und Wechseln.
Die Schaffung der europäischen Zentralbank wird nach Köhlers Einschätzung wahrscheinlich 1996 zur EG-Währungsunion, der WWU-Endphase erfolgen, falls die Volkswirtschaft der EG-Mitglieder dann im entsprechenden Einklang funktionieren. Zur Meßbarkeit des wirtschaftspolitischen Gleichlaufs werden auf EG-Ebene derzeit Kriterien für die Haushalts-, Inflations- und Zinsentwicklung erarbeitet. In den Hartwährungsländern sieht man schon die Währungsunion der zwei Geschwindigkeiten heraufziehen: Wenn einige Staaten wegen ihrer schwächeren Wirtschaft daran zunächst nicht teilnehmen dürften, so Köhler, seien sie zwar nicht ausgeschlossen, müßten jedoch eigenständig Anpassungsprogramme einleiten, ohne auf zusätzliche Finanzhilfe aus der EG-Kasse zu hoffen.
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