piwik no script img

MIT DER WÄHRUNGSKRISE AUF DU UND DUPfund mit Fliegengewicht

■ Massive Stützungskäufe der Britischen Notenbank

London (taz) — Die britische Regierung hat nach langer Zitterpartie am Donnerstag nachmittag massiv auf den Devisenmärkten eingegriffen, um die Talfahrt des Pfundes zu stoppen. Die britische Notenbank Bank of England stellte 7,25 Milliarden Pfund (rund 20 Mrd. DM) zur Stützung des Pfund Sterling bereit — ein klares Signal der Regierung, das Pfund zu dem Mittelwert von 2,95 DM im europäischen Wechselkursmechanismus zu halten. Mit 2,8125 zeigte sich das Pfund denn auch gestern entsprechend erholt.

Für die britische Wirtschaft war der Sturz des US-Dollar in den vergangenen zwei Wochen eine Katastrophe, weil die Devise das Pfund mit in den Keller gezogen hat. Es war am Mittwoch gegenüber der europäischen Leitwährung D-Mark mit 2,7822 Mark auf dem niedrigsten Stand festgestellt worden, seit Großbritannien dem Wechselkurssystem beigetreten ist und notierte damit nur noch knapp einen halben Pfennig über dem Tiefstwert des im Europäischen Währungssystem (EWS) erlaubten Rahmens. Daran konnten auch die massiven Interventionen der Bank of England nichts ändern, die die Währungsreserven auf 650 Millionen Pfund zusammenschmelzen ließen — mehr als doppelt soviel, wie die Devisenhändler erwartet hatten.

Die Alternativen jenseits der langfristig nicht unbedingt wirksamen Stützungskäufe liegen auf der Hand: Abwerten oder Zinsen erhöhen. Beides ist jedoch bedenklich: Eine Abwertung würde die Inflation anheizen, eine Zinserhöhung die ohnehin schon arg gebeutelten mittelständischen Hausbesitzer erneut belasten und die Zahl der Zwangsverkäufe in die Höhe treiben. Finanzminister Norman Lamont griff daher auf eine altbewährte Presseerklärung zurück: „Es wird keine Abwertung geben, und wir werden nicht aus dem Europäischen Währungssystem austreten.Wir werden die Sterling-Parität erhalten.“ Lamont gelang es, seinen EG-Kollegen eine ebenso windige Erklärung zu entlocken. Mehr als eine erneute Bekräftigung, die Wechselkurse in ihrer festgelegten Bandbreite halten zu wollen, ist aber auch von dem Routinetreffen der EG-Finanzminister am Wochenende in Bath nicht zu erwarten.

Die britischen Regierungsaugen richten sich unterdessen erwartungsvoll auf die Bundesbank. Man erhofft sich von den deutschen Währungshütern eine Versicherung, daß der Zinssatz nicht weiter angehoben, sondern demnächst gesenkt wird. Doch die Bundesbank schweigt hartnäckig und läßt die Zinsen, wo sie sind. Aufgrund der Abhängigkeit von der deutschen Zinsrate meinen die Briten nun, sie würden für die Finanzierung der deutschen Vereinigung zur Kasse gebeten. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen