MIT DER STAHL-CONNECTION AUF DU UND DU: Sizilianische Hochzeit
■ Hoesch-Aktionäre besiegeln die Fusion mit Krupp
Dortmund (taz) — Der Mann, der den großen Deal insgeheim geplant und zu seinen Bedingungen bis zum Schluß durchgezogen hatte, gab sich auf der gestrigen Hauptversammlung der Hoesch AG betont bescheiden. „Ich bin als Gast hier“, flachste Gerhard Cromme. Am Ende war der „Gast“, im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der Friedrich Krupp AG, Mitglied im Hoesch-Aufsichtsrat. Mit ihm zogen drei weitere Krupp-Manager in das 21köpfige Aufsichtsgremium ein. Krupp-Chef Cromme fiel es leicht, Gelassenheit zu demonstrieren — er hatte insgeheim 62,24 Prozent des Hoesch-Kapitals aufgekauft und damit die Macht beim einstigen Konkurrenten längst übernommen, die vom Hoesch-Betriebsratsvorsitzenden Werner Naß erneut als „feindliche Übernahme“ und „sizilianische Hochzeit“ charakterisiert wurde.
Naß forderte die Belegschaft gestern während einer außerordentlichen Betriebsversammlung auf, „nicht in Resignation zu verfallen“, sondern gemeinsam dafür zu sorgen, daß es nach der Fusion „keine Sieger und Besiegte“ geben werde. Nach wie vor hält der Hoesch-Betriebsrat den Zusammenschluß aber für „grundsätzlich falsch“.
Lange wird der gestern neugewählte Hoesch-Aufsichtsrat indes nicht amtieren, denn die Versammlung hob die bisher gültige Stimmrechtsbeschränkung von 15 Prozent auf und beseitigte damit die letzte Hürde auf dem Weg zur Fusion. Schon am 27. Juli soll auf einer weiteren Hoesch-Hauptversammlung die endgültige Verschmelzung der beiden Unternehmen vollzogen werden. Die außenstehenden Hoesch-Aktionäre werden für 10 Hoesch-Aktien im Nennwert von 50 DM 13 Aktien der neuen AG erhalten. Zusätzlich bekommen sie eine Barzuzahlung von 6 DM je Aktie.
Nach langem Gerangel haben sich die Beteiligten auch auf einen neuen Namen für das etwa gleich starke Paar geeinigt. Der neue Konzern, in dem künftig etwa 97.000 Beschäftigte einen Jahresumsatz von 31 Milliarden DM erwirtschaften werden, wird unter dem Namen „Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp“ firmieren und so die jeweiligen Firmenidentitäten im Briefkopf symbolisieren.
Der nach der Fusion aus dem Amt ausscheidende Hoesch-Vorstandsvorsitzende Hajo Neukirchen wertete das Betriebsergebnis, das den Aktionären 10 Mark Dividende pro Aktie beschert, als „insgesamt zufriedenstellend“. Die Fusion wird nach den Worten von Neukirchen „für die überschaubare Zukunft keine einschneidenden Maßnahmen für die wesentlichen Standorte von Hoesch erfordern“. „Mittelfristig“ erwartet Neukirchen durch die Zwangsheirat Synergieeffekte von 460 Millionen DM pro Jahr. Nach dem schriftlichen Fusionskonzept sind solche Einsparungen ab 1995 zu realisieren. Glaubt man den internen Papieren, dann kostet dieser Sanierungskraftakt lediglich 1.800 Jobs. Walter Jakobs
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