MIT DEM VERPACKUNGSMÜLL AUF DU UND DU: Die Milch bleibt im Karton
■ VGH München: Stadt darf Milchkartons nicht verbieten
Berlin (taz) — Die Stadt München ist mit dem Versuch, auf eigene Faust der Verpackungsflut Herr zu werden, vor Gericht abgeblitzt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschied bereits am Mittwoch, daß die Kommune den Verkauf von Bier, Milch und Mineralwasser in Einwegbehältern nicht verbieten kann. Außerdem müssen die Einzelhändler der Landeshauptstadt künftig weder Verpackungen zurücknehmen noch in ihren Läden auf eigene Kosten für die Müllvermeidung werben. Die Stadt hatte entsprechende Schilder in den Läden anbringen wollen. Sieben Handelskonzerne (Edeka, Hertie, Karstadt, Kaufhalle, Kaufhof, Kathreiner und Suma) hatten ein Normenkontrollverfahren gegen die Stadt angestrengt und gewonnen (Aktenzeichen: 20 N 91.2850, 3047-3052).
Der Münchner Kommunalreferent Georg Welsch schimpfte nach dem Urteil, damit sei die Stadt dem Müllnotstand wieder ein Stück näher gerückt. Die Gerichtsentscheidung „verhindert die konsequente Abfallvermeidung“. Die Stadt werde deshalb Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Berlin einlegen.
In der Sache stimmte der Vorsitzende Richter Friedrich Lietzow Welsch durchaus zu. Das Einweg- Verbot hätte die Müllflut eindämmen und Belastungen für Stadt und Bürger verringern können. Lietzow kritisierte die Bundesregierung, die ihre Verordnungsermächtigung auf dem Gebiet der Müllvermeidung und -verwertung „erst nach Jahren und so ausgeübt hat, daß möglicherweise wenig zur Abfallvermeidung beigetragen wird“. Rein juristisch sei die Stadt jedoch auf dem Holzweg. Auch der drohende Müllnotstand rechtfertige nicht die Vernachlässigung der rechtsstaatlichen Anforderungen an einen Satzungserlaß. Die Stadt sei zu dem Erlaß landesrechtlich nicht befugt gewesen. Zudem verstoße der Erlaß auch noch gegen Bundesrecht. Selbst wenn die neue Verpackungsverordnung aus dem Hause Töpfer das Ziel der Abfallvermeidung und Abfallverwertung nicht erreiche, stehe Ländern und Gemeinden „kein Nachbesserungsrecht“ zu.
München hatte angesichts steigender Müllberge die vor Gericht gescheiterte Satzung im Frühjahr 1991 massiv verschärft: Die Kommune hatte als erste deutsche Stadt den Verkauf von Einwegprodukten untersagt. Nach einer Protestwelle von Handelsketten, Verbrauchermärkten und Warenhäusern war das Verbot schließlich auf Einwegverpackungen für Bier, Mineralwasser und Milch beschränkt worden. Städte und Gemeinden aus dem ganzen Bundesgebiet hatten München ihre Unterstützung versichert und erklärt, bei einem Erfolg der Isarmetropole vor Gericht ihrerseits ähnliche Satzungen zu verabschieden. ten
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