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MIT ARBEITSMARKTPOLITIK LÄSST SICH NICHTS MEHR BEWEGENDie letzte Maßnahme

Nichts ist undankbarer, als Arbeitsmarktpolitik machen zu müssen. Vorgeben zu müssen, man könne tatsächlich etwas bewegen durch ein paar neue Beschlüsse, ein paar neue Maßnahmen. Die einschlägig vorbelasteten Politiker wissen das. Man könne nichts wirklich Neues erfinden, klagen SPD-Sozialexperten. Im Grunde sei schon alles durch: der Großversuch mit ABM-Stellen in Ostdeutschland. Lohnkostenzuschüsse in dutzenden Varianten. Subventionen für Regionen, Unternehmen, Existenzgründer. Qualifizierung für Ältere, Jüngere, Ausländer. Was hat es gebracht? Für den Einzelnen durchaus etwas, für die Gesamtstatistik der Arbeitslosen aber wenig. Denn die ist abhängig von ganz anderen Größen: Konjunktur, Weltwirtschaft, Währung, Ölpreise.

Dennoch wird der Kanzler für die Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht. An der Zahl der Erwerbslosen wird Schröder gemessen – ob das nun fair ist oder nicht. Schließlich sind kaum andere quantifizierbare Größen vorhanden, nach denen man meint den Wert politischen Schaffens beurteilen zu können.

Und nun steigen die Arbeitslosenzahlen wieder, saisonbedingt betrachtet. Nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten wird Schröder sein Ziel verfehlen, die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr unter 3,5 Millionen zu senken. Die geplante Reform der Arbeitsförderung wird daran nichts ändern. Die Reform besteht ohnehin nur aus Zitaten früherer Arbeitsmarktpolitik – mit ein bisschen mehr Förderung für die Frauen und für Ältere, mit ein bisschen mehr Abschieben der Verantwortung an die lokalen Arbeitsämter, ein bisschen mehr Druck auf die Joblosen.

Es gehört zum Wesen der Politik in einer demokratischen Gesellschaft, dass es kein Konzept für Stagnation geben kann. Wahlkampf besteht aus dem Versprechen von Fortschritt, Politik oft genug aus der Simulation von Handlungsfähigkeit. Deswegen steigt das Risiko, dass diese Regierung oder die nächste zu der einzigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahme greift, die noch übrig geblieben ist: die deutliche Kürzung von Transferleistungen. Immer offener wird die Forderung vorgetragen werden, die Arbeitslosenhilfe mittelfristig abzuschaffen. Nach einer Emnid-Umfrage sind ohnehin 59 Prozent der Bevölkerung der Meinung, die Höhe von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe verleite zum Nichtstun.

Dieser Kürzungsdebatte steht die Diskussion über Kinderarmut entgegen, schließlich haben auch Arbeitslose Nachwuchs. Die deutsche Sozialpolitik wird sich künftig zwischen diesen beiden Polen bewegen. Doch erst nach der Bundestagswahl 2002 wird Ernst gemacht. BARBARA DRIBBUSCH

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