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Archiv-Artikel

MIT 1-EURO-JOBS IST MEHR BILDUNG IN DER KITA NICHT ZU MACHEN Kinder brauchen Experten

Nein, das war kein guter Tag für Renate und Ulla, die beiden Reform-Schmidtchens unserer Regierung. Als sie gestern verkündeten, 1-Euro-Jobs seien prima dafür geeignet, Langzeitarbeitslose als HilfserzieherInnen in Kindergärten zu schicken, wussten die BürgerInnen schon, was sie davon halten sollten: nichts. Die Deutschen finden nämlich, so eine taufrische infas-Umfrage, dass Kindergärten Bildungseinrichtungen sind – und nicht Verwahranstalten, in denen man mit unqualifiziertem Aufsichtspersonal zurechtkäme. Satte 63 Prozent sagen mittlerweile, dass ihnen frühe Bildungsanstöße „extrem wichtig“ sind.

Das Aufeinanderprallen der beiden gegenläufigen Nachrichten war Pech für die SPD-Ministerinnen. Die überwältigende Mehrheit pro Bildung vor der Schule markiert einen Meinungsumschwung. Bislang war es eher verpönt, den ganz Kleinen schon mit Bildung zu kommen. Das ist anders, seit Hirnforscher gezeigt haben, dass frühes spielerisches Lernen dem Kopf gut tut – und den Kindern Spaß macht. Als Ausrede taugt der Meinungswandel dennoch nicht. Denn man fragt sich schon, wie es mit der Hirnentwicklung von Ministerinnen bestellt ist. Ausgerechnet Renate Schmidt hat ein engagiertes und gutes Buch darüber geschrieben, wie kinder- und frauenfeindlich die Karrierewelt doch sei. Frau Schmidt enterte anschließend mit gewohntem Schwung das Familienministerium. Sie machte wichtige Vorschläge, um der mangelnden Qualität frühkindlicher Bildung abzuhelfen – und schlug dann einen Haken, den man der fränkischen Mutter Courage nicht zugetraut hätte. Neuerdings ist sie schon zufrieden, wenn Tagesmütter bei der Bildungsoffensive für die Steppkes mittun dürfen.

Nun also Langzeitarbeitslose. Nichts gegen Menschen, die es unverschuldet aus dem Arbeitsprozess geschleudert hat. Aber die Kulturrevolution, die nötig ist, um aus Kitas Bildungseinrichtungen zu machen, ist mit ihnen nicht zu schaffen. Das würde beiden nicht gerecht: den Joblosen so wenig wie der anspruchsvollen Aufgabe des Früherziehers. CHRISTIAN FÜLLER