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Archiv-Artikel

MICHAEL OENNING, HSV-TRAINER Endlich Chef

Von RLO
Michael Oenning

■ 45, führte den 1. FC Nürnberg zurück in die Bundesliga und soll nun den HSV wieder zur Spitzenmannschaft machen.  Foto: dpa

Im ersten Halbjahr 2010 konnte es passieren, dass man sich auf der Pressetribüne des Weser Stadions beim Blick auf die TV-Kommentatoren wunderte: „Nanu, ist das nicht …?“ Genau, das war Michael Oenning, der zwar schon 2002 für seine Analysen als Co-Kommentator von Marcel Reif bei der WM den Grimme-Preis bekommen hatte, inzwischen aber immerhin den 1. FC Nürnberg als Cheftrainer wieder in die erste Liga geführt hatte.

Der Gedanke an Karriereknick konnte dann erneut aufkommen, als er später als Co-Trainer von Armin Veh beim HSV anheuerte. In dieser Funktion war er zwar auch schon unter Dirk Advocaat, Holger Fach, Klaus Augenthaler und Thomas van Heesen tätig gewesen – aber von einem, der neben Klopp und Co zur Garde der Wunderkinder auf der Trainerbank gezählt wurde, hätte man sich einen größeren Sprung erwartet.

Inzwischen weiß man: Oenning hat sich im Trainerkarussell genau richtig positioniert. Er hat nach dem vorzeitigen Abgang von Veh die Gunst die Stunde genutzt und wird als Cheftrainer den HSV in die neue Saison führen. Seine Arbeit der letzten Wochen wird den HSV zwar nicht mehr in die Europa-League bringen, hat den designierten Sportchef Frank Arnesen aber trotzdem überzeugt. Und aus Spielerkreisen sind wahre Lobeshymnen zu hören: „Er hat eine klare Spielphilosophie und wird jeden einzelnen Spieler besser machen“, hudelte David Jarolím.

Oenning ist nicht so folkloristisch wie Klopp oder Stanislawski und nicht so smart wie Dutt oder Labbadia – sondern eher der Typ Vertrauenslehrer, wie einst Volker Fincke. Diese Ruhe braucht er auf dem turbulentesten Schleudersitz der Liga. Als neunter Trainer in acht Jahren soll er die Quadratur des Kreises schaffen: einen Umbruch einleiten und möglichst sofort in die Champions League kommen.

Unter ständigem Reingequatsche der überdimensionierten Funktionärs-Riege. Einen Vorgeschmack darauf erhielt er bereits am Samstag, als er nach der Pressekonferenz von einigen Aufsichtsräten auf seine Personalentscheidungen während des Spiels gegen Hannover 96 angesprochen wurde. Aber von jemandem, der in seiner Jugend Kandidat bei der TV-Show „Herzblatt“ war und als Erwachsener den Grimme-Preis gewinnt, ist noch einiges zu erwarten. RLO