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Archiv-Artikel

MICHAEL BRAUN ÜBER BERLUSCONIS ABSCHIED AUF RATEN Totgesagte leben lange

Das ist wohl nur in Italien, nur in Berlusconi-Land möglich: Der Premier hat keine Mehrheit mehr, er hat die Partie verloren – doch das Spiel wird noch nicht abgepfiffen. Stattdessen geht es in die Verlängerung, darf Berlusconi noch ein paar Wochen weitermachen. Dafür gibt es einen Grund: Das Parlament muss erst das Stabilitätsgesetz verabschieden, in der Hoffnung, so die Spekulation gegen das Land zu stoppen.

Doch erinnern wir uns: Schon vor einem Jahr sah Italien die gleiche politische Konstellation. Berlusconi hatte die Mehrheit im Abgeordnetenhaus verloren, das Misstrauensvotum war eigentlich nur noch Formsache, doch Berlusconi bekam einen Monat Gnadenfrist, um noch den Staatshaushalt verabschieden zu können – schließlich mussten „die Märkte“ ruhig gehalten werden.

Der Regierungschef nutzte damals diesen Monat, um sich eine neue Mehrheit zusammenzukaufen – plötzlich stand der Verlierer erneut als Sieger da. Auch jetzt ist zu erwarten, ist zu befürchten, dass es Berlusconi nur vordergründig um die Stabilität Italiens geht, dass er vor allem erneut versuchen wird, in letzter Sekunde nicht unbedingt sein Amt, wohl aber seine Haut zu retten.

Doch eines ist völlig anders als letztes Jahr. Diesmal stimmen „die Märkte“ mit – Mitte der Woche waren schon über 7 Prozent Zinsen auf italienische Staatsanleihen fällig. Weder die Märkte noch Europas Regierungen noch EU-Kommission und IWF werden tatenlos zuschauen, wenn Italiens Situation sich weiter dramatisch zuspitzen sollte. Ein politisches Überleben Berlusconis ist deshalb höchst unwahrscheinlich – doch ein gangbarer Ausweg aus der politischen Krise und damit aus der Vertrauenskrise Italiens muss erst noch gefunden werden.

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