MAX BÜCH DER WOCHENENDKRIMI : Eine Überdosis Späßchen
Flehend, fordernd, verzweifelt steht die Frau den beiden Kommissaren gegenüber in der Tür. „Wo ist meine Tochter?“ Voller Entsetzen fasst sie sich an ihren Mund, entdeckt Blut im Gesicht. „Blut? Was ist passiert?“
Das stellt sich natürlich erst am Ende des „Tatorts“ heraus. Warum man allerdings mit diesem dramaturgischen Kniff der Handlung vorgreift, wird nicht klar. Und so bleibt es kaum mehr als eine nette Idee, ein wenig mit der Zeitachse zu spielen, die weder einen tieferen inhaltlichen Sinn ergibt noch auf einen speziellen Effekt hinarbeitet. Seltsam.
Leider ist derlei symptomatisch für den gesamten Film. Der Münchner „Tatort“ wirkt etwas unkonzentriert. Ravioli heißen „Raivoli“, dafür sind die schnittigen BMWs immer mustergültig in Szene gesetzt. „Jagdzeit“ spielt zur Jagdzeit, hat aber bis auf die Tatwaffe und zwei kurze Szenen damit eigentlich nichts am Hut. Vielmehr konzentrieren sich Ort und Handlung auf das ärmere Münchner Milieu jenseits der Bussibussi-„Derrick“-Welt, aus dem der BR-„Tatort“ immer wieder erzählt. Die Sozialkritik ist glaubwürdig, ohne die Moralkeule zu schwingen, dafür wirken die Reaktionen auf den Mord eigenartig und lassen den Zuschauer unberührt.
Dass die Ermittler Leitmayr und Batic gegeneinander sticheln, einander verarschen, zieht sich als roter Faden auch durch diesen Film. Dieses selbstironische Miteinander macht das Münchner Duo schließlich aus. Batic bringt die Sache auf den Punkt: „Kommunikation ist alles.“ Bei einem „Tatort“ stimmt das allerdings nicht ganz. Da sollten sich die Späßchen dem Mord und der Krimispannung unterordnen, was der aktuelle Film leider nicht beherzigt.
Den besonderen, trocken-ironischen Ton der von ihr erfundenen Figuren hat Silvia Koller als BR-Redakteurin über 20 Jahre lang entscheidend geprägt. „Jagdzeit“ war der letzte „Tatort“, den sie vor ihrem Tod im Dezember mit betreut hat; hoffentlich überlebt diese Eigenart sie.
■ München-„Tatort“: „Jagdzeit“, So., 20.15 Uhr, ARD