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Archiv-Artikel

MATTHIAS URBACH über DER PERFEKTE KAUF „9.000 Euro – aber keinen Cent weniger“

Der perfekte Gebrauchte (2): Seriös muss der Händler sein. Feilschen sollte man trotzdem gelernt haben

Was bisher geschah: Meine Familie will einen gebrauchten Van. Ein grauer Renault Megane Scenic wäre für nur 7.800 Euro beim Autohöker zu haben – doch der Händler will mich für dumm verkaufen. Ich suche was Neues.

„In einem Gebrauchtwagen, da steckt man nicht drin.“ Gebannt lausche ich den Worten des Kahlkopfes im schneeweißen Hemd und entspanne. Endlich versteht mich einer. „Deshalb geben wir von Renault eine zweijährige Garantie auf alle Gebrauchtwagen.“

Um unseren Schreibtisch herum lauern schimmernde Neuwagen in wohl riechender Lederausstattung. Der Bürocontainer meines ersten Gebrauchtwagenhökers hätte gleich zehnmal Platz in diesem prächtigen Tempel des Automobils.

Normalerweise halte ich zu kleinen Händlern. Da weiß man wenigstens, wem man sein Geld gibt. Aber alles hat seine Grenzen. Zuletzt landeten wir auf einem Autohof in Berlin-Neukölln: Über der Nasenwurzel des bulligen Verkäufers klebte ein fettes Pflaster – das sah nicht nach zufriedenen Kunden aus.

Auf dem Doppelparkdeck des Renault-Vertragshändlers stapeln sich die Megane Scenics wie Matchboxautos bei Woolworth. Alle kosteten mehr als 10.000 Euro – bis auf einen: 61.000 km, mit allen Schikanen. Im Prinzip dasselbe 1999er-Modell, das ich beim Höker verschmäht hatte, nur mit 1.6-Liter-Motor statt dem 2.0er. Preis: 9.580 Euro.

Ich reiche dem Kahlkopf den alten Ausdruck aus dem Internet. „Man bot mir das gleiche Auto an, aber mit einer 2.0-Liter-Maschine – für nur 7.800.“ Dass ich kleinere, weil sparsame Motoren vorziehe, muss ich ihm ja nicht auf die Nase zu binden.

Er faltet die Anzeige zusammen: „Unser 1.6er hat dieselbe PS-Leistung wie Ihr Angebot, verbraucht aber weniger: Der neuere Motor, ein 16-Ventiler.“

Ach so!? Als Kinder haben wir Autos nach den Tachos beurteilt: Am tollsten waren die, bei denen die Skala über 200 reichte. Etwa so clever fühle ich mich jetzt.

„1.800 Euro ist viel Geld – nur für 16 Ventile“, kontere ich. „War der Zahnriemen neu?“, forscht der Renault-Mann nach. „Nach fünf Jahren muss man den austauschen – das kommt teuer.“ Ich schlucke. Das andere Modell war vier Jahre ohne Inspektion.

„Wir haben hier auch noch Winterräder dabei: Aber fahren Sie ihn doch mal zur Probe!“

Natürlich läuft der graue 16-Ventiler super. „Zu teuer“, sage ich schließlich. „Leider können wir Ihnen nichts anderes anbieten“, sagt der Kahlkopf. Qualität hat eben ihren Preis, denke ich und berichte meiner Liebsten. Sie ist unbeeindruckt: „zu teuer.“

Ich frage Klaus um Rat. „Der lässt sich bestimmt drücken“, meint der. „Am besten spielst du auf Zeit, Autos verkaufen sich im Moment nicht so dolle.“

Im Internet stöbere ich bei einem weiteren Vertragshändler einen fast identischen Scenic auf: diesmal in Blau für 9.900 Euro. Wir schauen ihn uns an. Ein Mietwagen, ziemlich verschrammt, innen wie außen. Entsprechend desinteressiert sitzen wir vorm Händler. „Ich könnte Ihnen den Wagen für 9.500 geben.“ Aha, da ist noch Spiel drin.

Wir winken lässig ab und schlendern nach nebenan zum Nissan-Händler. Dort handeln wir zum Spaß einen Opel Zafira für 9.500 Euro um 300 Euro runter – mehr geht nicht. Als wir den Laden verlassen, rennt der Händler hinterher. „Okay: 9.000 kann ich gerade noch wegstecken.“

Wir kehren zurück. Der Renault-Händler kommt raus, hört sich unsere Zafira-Story an und meint. „Also gut: 9.000 Euro – aber keinen Cent weniger.“ War doch nicht schwer!

Tags drauf inspiziere ich noch mal den grauen Megane, kommentiere jede Schramme. „Ich denke“, sagt plötzlich der Kahlkopf, „für 9.000 Euro könnten Sie mit dem Zustand sehr zufrieden sein.“ Ich bleibe cool.

Wir beschließen, noch einen Tag zu warten und dann zusammen hinzugehen. Unser Ziel: 8.800 Euro. Mit ein wenig schlechter Laune sollte der schöne Wagen bald unser sein.

„Ich wollte meiner Frau den Wagen noch mal zeigen“, begrüße ich den kahlen Verkäufer. „Wenn Sie wegen des grauen Scenics kommen, tut es mir Leid: Den habe ich gestern verkauft.“

Fazit: Fortsetzung folgt.

Fragen zum Glatzkopf? kolumne@taz.de Morgen: Bernhard Pötter über KINDER