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Archiv-Artikel

MATTHIAS STÜHRWOLDT GRÜNLAND Downtown Stolpe

800 Einwohner im Dorf. Und fünf Läden, immerhin. Zählt man den Zigarettenautomaten dazu

Stolpe, mein Heimatort, ist keine sehr große Stadt. Wir haben in der City 800 Einwohner, zählt man die Suburbs dazu, kommen wir auf 1.200.

Als ich ein Kind war, gab es in Stolpe drei Gasthöfe, ein Lebensmittelgeschäft, eine Bäckerei, einen Schlachter, ein Miniaturkaufhaus, eine Poststelle und drei Stubenläden, in denen man sich bis spät Bier und Zigaretten holen konnte. Diese Geschäfte schlossen irgendwann, und in einer finsteren Zeit Mitte der Neunziger, nachdem der letzte Gasthof abgebrannt war, gab es nur noch einen Laden, wenn man den Zigarettenautomaten als solchen bezeichnen mag.

Das hat sich zum Glück geändert. Unser Dorf ist wieder lebendiger geworden, und heute gibt es fünf Läden, wenn man den Zigarettenautomaten hinzuzählt. Er steht noch immer an der alten Stelle, der Hauswand des leer stehenden Metzgergeschäfts.

Wir haben den Kiosk am Stolper See, an der Badestelle. Der hat nur im Sommer auf und nur bei gutem Wetter, aber es ist ein Laden. Wir haben seit einiger Zeit einen Kunsthandwerker-Stubenladen in der Nachbarschaft, denn Freunde von uns – von jeher passionierte Kunsthandwerker – haben ein Zimmer ihres Hauses zu einem Kunsthandwerker-Stubenladen umgebaut. Sie haben tolle Sachen, und wenn man denn dringend ein kleines Geschenk braucht, ist man dort richtig. Sie haben nur Freitagnachmittag und Samstagvormittag auf, und ich glaube, auch nur in den vier Wochen vor Weihnachten, aber es ist ein Laden. Dann gibt es in Stolpe den Museumsshop des Kräuterparks – wir haben auf einem ehemaligen Bauernhof einen Kräuterpark mit Kräutergarten, Kräutermuseum und so, und da gibt es diesen Museumsshop, in dem man zum Beispiel alte Sämereien kaufen kann, es ist also ein Laden. Und es gibt den Ausstellungs- und Verkaufsraum meines Patenonkels, der ist Tischlermeister und Bestatter, und sein Sargshop ist der mit Abstand größte Laden in Stolpe.

Diese Läden liegen quasi auf dem Weg, wenn man im Oberdorf anfängt und die Dorfstraße hinunterflaniert, am Ende kann man sich am Kiosk mit Seeblick bei Kaffee, Kuchen oder Bier stärken, wenn denn gerade Sommer und gutes Wetter ist. En passant kann man sich von einer Geistheilerin reparieren lassen oder Eier von Bauer Helmut kaufen, wenn Bauer Helmut sie nicht gerade selbst in die Pfanne gehauen hat, er liebt Spiegelei.

Ja, Downtown Stolpe. Ist halt ein Shopping-Paradies.

Der Autor ist Biobauer in Schleswig-Holstein Foto: privat