piwik no script img

Archiv-Artikel

MATTHIAS DELL DER WOCHENENDKRIMI Bullen, Ziegen, Fender-Jaulen

Der Nachteil einer Tatort-Vorabbesprechung: Man darf den Mörder nicht verraten. Der Vorteil einer Tatort-Münster-Vorabbesprechung: Die Mördersuche interessiert hier sowieso nur am Rande. Wichtiger sind die Witze, die sich zwischen Muffel-Thiel (Axel Prahl) und Schnösel-Boerne (Jan Josef Liefers) gemacht werden.

Der Terminus technicus dafür lautet „Crime-and-Smile-Produktion“, wie aus dem Grußwort im Presseheft von Professor Gebhard Henke, dem Lehrstuhlinhaber für Fernsehfilm, Kino und Serie beim WDR, zu erfahren ist. Das gefällt nicht allen, aber doch den meisten, wie Professor Henke mit leichter Hand konzedieren kann. Und damit wäre „Das Wunder von Wolbeck“, der 22. Fall zum zehnjährigen Bestehen des Münster-Tatorts, gut beschrieben (Regie: Matthias Tiefenbacher, Buch: Wolfgang Stauch).

Anfangs wird noch ein wenig mit tieferen Gefühlen geflirtet und stimmungsvolle Musik über Bilder von Verzweiflung gelegt, dass man meinen könnte, ein Terroranschlag sei geschehen oder ein Amoklauf. Es ist aber nur ein Landarzt tot, der aus der Fruchtbarkeit der Bauernboys zur Kinderwunscherfüllung von Ladys aus aller Welt ein Geschäft gemacht hat.

„Das Ende des weißen Mannes“ (Die Zeit) wird in Münster anschaulich, es geht nicht zum ersten Mal um Impotenz. Der Rest ist Country in der westfälischen Provinz, „Wir können auch anders“ mit drei statt zwei stulligen Brüdern, schönen Bildern (Kamera: Martin Farkas), Bullen, Ziegen und Fender-Jaulen. Boerne trägt Stetson mit Karos und macht – Besserung in Sicht? – nicht einen Witz über Frau Hallers Größe. Und am Ende ist es dann schon einer gewesen.

Matthias Dell schreibt jede Woche hinterher über den Tatort auf freitag.de. Nächste Woche erscheint sein Buch „Herrlich inkorrekt. Die Thiel-Boerne-Tatorte“ bei Bertz + Fischer, 128 Seiten, 9,90 Euro

Münster-„Tatort“: „Das Wunder von Wolbeck“; So., 20.15 Uhr, ARD