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Archiv-Artikel

MARTIN TENGE, PROPST IN HANNOVER Der Katholiken-Vereiniger

MARTIN TENGE, 47

■ ist seit September 2008 Regional-Dechant bzw. Propst in Hannover. Zuvor war er Diözesan-Jugendseelsorger im Bistum Hildesheim  Foto: Privat

Martin Tenge ist ein fröhlicher Mensch. Unerschrocken frisch und optimistisch, wie es sich gehört für einen Propst, der jetzt auch noch Werbung für die neue Demonstration machen soll. Demonstration? Nein, im Kirchenjargon heißt das ja Prozession, und starten wird sie am morgigen Fronleichnams-Donnerstagabend, in der Innenstadt von Hannover. Als Zeitgeist-konformes Massen-Spektakel möchte Tengel die Veranstaltung aber nicht verstanden wissen.

Erstmals organisieren die Katholiken in Hannover eine gemeinsame Fronleichnamsprozession, an der sich mehr als zehn katholische Gemeinden aus Stadt und Region beteiligen werden. Das Konzept stammt von hannoverschen Pfarrern. Die wollten die gemeinsame Prozession, weil ihren Gemeinden die Gläubigen abhanden gekommen waren. „Da war ich natürlich sofort dabei“, sagt Tenge, ohne allzu stark auf den Anwerbe-Effekt zu setzen. Es gehe eher darum, nicht nur der Welt, „sondern auch uns selbst zu zeigen: Hey, wir sind viele!“

Derlei Selbstvergewisserung ist auch nötig: Allein in Hannover stellen die Christen beider Konfessionen inzwischen unter 50 Prozent der Bevölkerung. Aber wenn die Katholiken – Tenge schätzt ihren Anteil auf nur 16 Prozent – gemeinsam durch die Innenstadt laufen, dann sind es richtig viele. Erwartet werden 2.000 TeilnehmerInnen.

Tenge sieht den Marsch entlang der Leine zur Basilika St. Clemens als eine Art Pilgerweg. „Als Zeichen, dass wir unterwegs sind.“ Wohin genau, lässt er offen; zunächst habe die Teilnahme schlicht mit Mut zu tun. „Sich öffentlich zum Glauben zu bekennen, ist ein respektables Zeichen“, findet er. „Und dieses Prickeln, dass man dafür nicht nur belächelt, sondern vielleicht auch kritisiert wird, verleitet womöglich manchen Prozessions-Abstinenzler, diesmal mitzugehen.“

Dabei sei der Umzug natürlich keine Provokation im engeren Sinne. „Aber in die sehr ausgeprägte Demonstrationskultur Hannovers passt er schon.“ Nur, dass diesmal eben Christen Flagge zeigen, mit einem archaischen Ritus. Persönlich sei er aber kein Prozessions-Fan, räumt Tenge ein. PETRA SCHELLEN