MARTIN REICHERT WURST IST MEIN GEMÜSE :
Das Nürnberger Rostbratwürstchen ist das Cornichon unter den Bratwürsten. Klein, knackig, würzig – hier ist die bei Würsten oft generell angewandte Verniedlichungsform wirklich angebracht: Die fein strukturierte Schweinefleischmasse wird in Schafsaitlinge mit einem Durchmesser von nur 15 Millimetern abgefüllt, mit einem Stückgewicht von 20 bis 25 Gramm und einer Länge von 7 bis 9 Zentimetern ist das Rostbratwürstchen ein Mini, dessen aus dem Mittelalter stammende Gestalt zugleich zum EU-Weltwursterbe gehört. Seine Herstellung muss nämlich auf Nürnberger Stadtgebiet erfolgen und die Bedingungen des regionalen Herkunftsschutzes erfüllen.
Was die kleine Wurst nicht davon abhält, die Welt zu erobern: Etwa 5 Millionen Nürnberger Rostbratwürstchen werden täglich hergestellt. Man findet sie immer öfter an internationalen Hotelfrühstücksbuffets – und dank der Zusammenarbeit von Uli Hoeneß’ Wurstwarenfabrik HoWe und McDonald’s schaffte der Nürnberger Regio-Klassiker „Drei in a Weckla“ es in Form des „Nürnburgers“ in die neonhell erleuchteten Hallen des Fast-Food-Olymp.
Das Geheimnis des Erfolgs? Wohl tatsächlich der Geschmack – die Würze. Sogar in industrieller Massenware kommen neben dem stark im Vordergrund stehenden Majoran Muskatblüte und Kardamom zum Einsatz; zusammen mit den Röstaromen wird so ein Geschmack erzeugt, der nicht zwingend nach Beilagen (der Klassiker: Kraut!) oder Senf schreit. Man kann die kleinen Dinger knabbern wie Chips, und hat man eine Zwölferpackung „Schlütter’s Echte“ aus dem Supermarkt einmal aufgerissen, bleibt es meist nicht bei der empfohlenen Portion von drei Stück.
■ Abwechselnd besprechen wir an dieser Stelle Würste und bedienen uns aus der winterlichen Gemüsekiste