MALTE KREUTZFELDT ÜBER DIE DEUTSCHE KRITIK AN DER EZB-ENTSCHEIDUNG : Brandstifter gegen Feuerwehr
Das Erstaunlichste an der Entscheidung der Europäischen Zentralbank, künftig Staatsanleihen aufzukaufen, ist die Aufregung, die sie hierzulande hervorruft. Im Rest der Welt gilt das als ein völlig übliches Instrument, und selbst die Deutsche Bundesbank hat es in der Vergangenheit angewendet, ohne dass Untergangspanik ausbrach.
Dementsprechend wird der aktuelle EZB-Beschluss, über eine Billion Euro in den Markt zu pumpen, von den meisten Ökonomen und Politikern weltweit für richtig gehalten, um die Wirtschaft anzukurbeln und eine Deflation zu verhindern. Nur aus Deutschland hagelt es Kritik, von Unionspolitikern ebenso wie vom Bankenverband oder von den vermeintlichen „Wirtschaftsweisen“.
Tatsächlich gäbe es deutlich bessere Alternativen als den massiven Eingriff der Europäischen Zentralbank. Gegen stagnierende Wirtschaft und Deflation würde auch eine abgestimmte europäische Wirtschaftspolitik helfen, die kein stumpfes Spardiktat vorgibt, sondern stattdessen auf eine gesunde Mischung aus Sparen und Investieren setzt. Solche Investionsprogramme würden sehr viel direkter gegen Arbeitslosigkeit und Stagnation helfen, ohne die Gefahr neuer Blasen auf den Immobilien- oder Aktienmärkten zu verstärken, wie die EZB-Intervention es tut.
Doch eine solche gemeinsame Wirtschaftspolitik scheitert bisher vor allem an Deutschland – von einer gemeinsamen Finanzierung über Eurobonds ganz zu schweigen. Durch diese Weigerung hat die Bundesregierung unter Angela Merkel viel zu den aktuellen Problemen beigetragen – und die Zentralbank praktisch zum Eingreifen gezwungen. Doch statt sich zu freuen, dass EZB-Präsident Mario Draghi das Feuer löscht, das Berlin mit entfacht hat, stellen sich die Brandstifter ihm noch in den Weg.
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