MAKLERS ERKENNTNISSE : Der Wäscheständer
Jetzt war ich doch mal Wohnungen gucken, so richtig mit Makler und Einzeltermin. Der Makler schreit quer über die Straße, als er uns sieht, kommt mit wehendem Mantel auf uns zugerannt. Meine Freundin und ich gucken uns an, ein schneller Blick, alles klar. Stimmt das doch von wegen, dass alle Makler auf Koks und so. Schon im Treppenhaus labert er los, und in der Wohnung legt er noch eins drauf. Meine Freundin flüchtet auf den Balkon. Ich bleib drinnen und schau mir die Wände an, den Fußboden, den Schnitt der Wohnung. Der Makler läuft mir auf Schritt und Tritt hinterher, erklärt, warum grau-fleckige Wände viel besser sind als langweilig-weiße, warum Fenster in Küchen vollkommen überflüssig, dagegen zwei Balken in einem 10-Quadratmeter-Zimmer äußerst wünschenswert sind. Dann deutet der Makler plötzlich durch die Scheibe auf meine Freundin. „Die Frauen“, sagt er, „gehen immer auf den Balkon.“
„Aha“, mach ich. Ich bin auch ’ne Frau, so rein technisch, aber das hat er in seiner Hektik wohl nicht gemerkt. Ist auch besser so, denk ich.
Der Makler nickt mir bedeutungsvoll zu. „Ja“, sagt er und dann noch mal: „Die Frauen. Immer auf den Balkon! Wissen Sie, warum?“ Ich zucke mit den Schultern. Weiß ich nicht. Obwohl, ich denke, Balkon hat was mit Sonne zu tun und frischer Luft und was damit, komischen Leuten zu entkommen, aber der Makler sieht das garantiert anders. Tut er auch. „Na“, klärt er mich auf. „Um zu gucken, ob er groß genug ist.“ Er klatscht in die Hände. „Zum Wäscheaufhängen. Für den Wäscheständer!“ Er schaut mich an, triumphierend, erwartungsvoll.
„Aha“, mach ich wieder und dann lauf ich an ihm vorbei, tret hinaus auf den Balkon zu meiner Freundin. Da stehen wir eine Weile, ganz ohne Wäscheständer. „Die ist nichts für uns“, sag ich schließlich, „die Wohnung. Lass uns gehen.“ JOEY JUSCHKA