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■ Lustgarten wird nicht verriegeltWieder freie Sicht

Die Pläne, den Lustgarten zu vermauern, sind vom Tisch. Wie in der Wirklichkeit, so herrscht nun auch in den Hirnen wieder freie Sicht auf die dicken Säulen des Alten Museums. Mit Fug und Recht läßt sich sagen, daß damit einer der wenigen historischen Stadträume erhalten bleibt und mit ihm die Assoziationen vom Klassizismus Preußens. Ein Kunstriegel vor dem weiten Raum, der von den Nazis zum steinernen Aufmarschplatz verschandelt wurde, hätte nicht nur die typischen Berliner Mauerpathologen inspiriert, er hätte den Ort zum Gegenteil von dem gemacht, was ihn ausmacht: nämlich Öffentlichkeit und Freiheit. Eine Kunstwand, auch wenn sie nur ein paar Meter lang, mit Fresken gestaltet und mit Glas überzogen ist, steht dort am falschen Platz.

Der freie Blick sollte für die Zukunft des Ortes, den Gerhard Merz aus falsch verstandener Sorge um den Verlust der Intimität als Vorgarten zur Kunst abschotten wollte, oberste Priorität haben. Denn nicht nur die Sicht vom Alten Museum auf den Schloßplatz und den Palast der Republik oder was auch immer dort gebaut werden mag, hat seine Bedeutung. Friedrich Schinkel setzte mit dem weiten Raum ganz bewußt auf die „freie“ Blickbeziehung und Spannung zum damaligen Schloß. Der König sollte sich dem öffentlichen Anblick des Bürgers unterwerfen, so Schinkel. Und auch bei der umgekehrten Sichtweise – von der Straße auf den klassizistisch inszenierten Museumsbau – ging es nur um Freiheit: nämlich um das Ideal „Freiheit der Kunst“. In der Zukunft können Sichtbeziehungen erneut eine Rolle spielen. Wenn klar ist, daß der Schloßplatz für die Öffentlichkeit bebaut und der Palast wieder genutzt wird, kann der Lustgarten vor dem Museum seine Funktion als Platz in der Stadtmitte wieder spielen: frei und offen. Rolf Lautenschläger

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