: Lieber Agnoli als Sir Popper
betr.: „Das letzte Agnoli-Seminar“, taz vom 23. 5. 03
Ende der 70er-Jahre traf ich Johannes Agnoli am OSI und kann mich noch voll gut an ihn erinnern. Nichtmarxisten unter den Uniprofs am OSI kritisierten ihn wegen seiner einseitig nur auf Marxismus ausgerichteten Veranstaltungen. Folglich bot er im WS 79/80 ein Seminar an, mit dem Titel „Neuere Marxismus-Kritik“. Es ging um Aussagen des Wissenschaftsphilosophen K. R. Popper, Vertreter des so genannten kritischen Rationalismus. Es war schön, fast schon witzig, wie er Poppers Aussagen kritisierte, es begründete und beispielhaft fundamentierte. Prof. Narr hätte bestimmt seinen Spaß gehabt.
Oft erinnere ich mich auch an eine banale, trotzdem wirklich hellseherische Aussage Agnolis von 1983 über die Zukunft der „Alternativen“ als parlamentarische Partei, weil einerseits schon durch den vorhergegangenen „Weg durch die Institutionen“ dargestellt und andererseits durch die Praxis bestätigt: „Wenn die Präsenz in den Institutionen sich als eine Strategie ausgibt, um die Institutionen alternativ zu gebrauchen oder gar mittels der Institutionen eine radikale Veränderung vorzunehmen, so kann ich jetzt schon den Propheten spielen und sagen, über kurz oder lang werden die Institutionen die Leute zur Räson bringen, zu der den Institutionen eigenen Räson.“ Und siehe da, wie Recht Johannes Agnoli hatte. Nur noch halbgebildete, selbst ernannte so genannte RealpolitikerInnen bewegen sich in dieser ehemals basisdemokratischen Partei. Halbgebildet u. a. deshalb, weil sie nicht ihre eigenen psychischen Srukturen verantwortlich sehen für ihr gesellschaftskonformes politisches Handeln. „Fort mit Johannes Agnoli, hin zu Sir Karl Raimund Popper.“ PETER WIESNER, Berlin