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Archiv-Artikel

Libertäre Vorurteile

betr.: „Etwas Pubertät geht immer“, taz vom 21.10.2004

Hilfe, ich habe den Gottschalk im Nacken! Ihr Kolumnist zeigt sich verwundert, weil „sozialdemokratische Abgeordnete“ sich mit der SSK solidarisieren. Die Abgeordnete bin ich... Warum so überrascht, Herr Gottschalk? War der Selbsthilfegedanke nicht schon im Genossenschaftswesen der frühen Arbeiterbewegung ein ursozialdemokratisches Anliegen? Sie sollten dringend einige Ihrer libertären Vorurteile gegenüber der Sozialdemokratie revidieren, junger Mann!

Sie haben offenbar Goethes „Wanderers Gemütsruhe“ im Ohr: „Übers Niederträchtige niemand sich beklage; denn es ist das Mächtige, was man dir auch sage. In dem Schlechten waltet es sich zu Hochgewinne, und mit Rechtem schaltet es ganz nach seinem Sinne.“ Doch nicht jeder Politiker ist niederträchtig und schlecht (und mächtig). Ich jedenfalls sage „Ja zur SSK!“, und das aus vollem Herzen, während ich gleichzeitig im Faust I schmökere. Was lese ich da? „Gib ungebändigt jene Triebe, das tiefe, schmerzenvolle Glück, des Hasses Kraft, die Macht der Liebe, gib meine Jugend mir zurück!“

Seufz! Es ist eben nie zu spät für ein wenig Pubertät. Ich gebe freimütig zu: Ich freue mich, wenn sich die SSK eine Zukunft erkämpft.

LALE AKGÜN, MdB, Köln