piwik no script img

Lianne La Havas' DebütalbumEin bisschen Drama darf es sein

Irgendwo zwischen Folk, Soul und Pop: Lianne La Havas geht mit ihrem Debütalbum auf Nummer sicher – doch es steckt mehr in ihr.

Tochter einer Jamaikanerin und eines Griechen: Lianne La Havas Bild: dpa

Gelassenheit und Langeweile liegen häufig zu eng beieinander. Ein bisschen Drama darf es schon sein, wenn man von einer der lang erwarteten Platten des Jahres sprechen möchte. Schon seit einem TV-Auftritt im letzten Oktober sprechen bestimmte Kreise von einer jungen Musikerin aus London namens Lianne La Havas, die einmal ganz groß werden soll.

Nun hat sie ihr Debütalbum veröffentlicht. „Is Your Love Big Enough?“, fragt der Albumtitel, die hübsche Frau auf dem Cover hat den Kopf leicht gesenkt und schließt die Augen. Einige vielversprechende Songs waren vorab schon im Netz erschienen, und auch der schlicht ergreifende Gig von Lianne La Havas und ihrer Gitarre bei der britischen TV-Sendung „Later with Jools Holland“ weckte große Hoffnungen.

Beim ersten Hören fällt aber vor allem auf, dass nichts auffällt. Die zwölf Songs, die sich zwischen Folk, Soul und Pop bewegen, sind alle durchaus schön und folgen einem einheitlichen, unaufgeregten Grundton. Die akustische Gitarrenbegleitung begleitet die angenehmen Gesangsmelodien, ab und zu kommt ein Schlagzeug oder Piano hinzu – gelassen eben.

Doch gibt es nichts, das abweicht, aneckt oder einen besonderen Platz im Gedächtnis des Hörers beanspruchen möchte. In so einem Fall legt man die Platte lieber weg und hört später noch mal rein. Denn bei so viel Vorfreude will man sich die Enttäuschung schließlich nicht gefallen lassen.

Das markante Timbre

Die erst 23-jährige Sängerin und Songwriterin ist Tochter einer Jamaikanerin und eines Griechen. La Havas spielt Klavier und Gitarre, als Backgroundsängerin der Musikerin Paloma Faith sammelte sie erste Erfahrungen in der Branche und knüpfte Kontakte. Bald darauf bekam sie einen Deal beim Majorlabel Warner Music. Das ist kaum verwunderlich, denn neben einer bezaubernden Bühnenpräsenz besitzt Lianne La Havas ein so markantes Timbre, dass man sie sich beim ersten Hören sofort einprägt und fortan augenblicklich identifizieren kann.

Beim zweiten Hören offenbart sich dann tatsächlich das Geheimnis ihres Debütalbums „Is Your Love Big Enough?“. Lianne La Havas hat einen langen Weg vor sich, und dies ist ihre schüchterne Vorstellungsrunde. Eigentlich deutet sie nur an, welch großartige Künstlerin in ihr steckt. Melancholie, Euphorie und Unsicherheit verstecken sich in leisen, fast gehauchten Phrasen, es bleibt stets bei einem Fingerzeig. Wer sich die Lieder ohne Erwartungen anhört, kann sich zutiefst beeindrucken lassen von dieser Sommerabendstimmung.

La Havas wählt einfache Worte und schlichte Storys, um sich mitzuteilen. Dass es sich aber um ihre eigenen handelt, wird einem sofort klar. Unbekümmerte Stücke wie „Au Cinéma“, das Lied von einem Pärchen im Kinosaal, das sich in der Liebesgeschichte auf der Leinwand wiederfindet, glänzen durch ihre Genügsamkeit in Lyrik und Musik. Sie lassen sich endlos wiederholen, ohne zu langweilen. Genauso das Lied „Age“, das von der Beziehung zu einem älteren Mann berichtet, der ihr Vater sein könnte. Fast kindisch zieht La Havas die Melodie im Refrain immer wieder hoch: „Ist es denn ein Problem, dass er so alt ist, solange er doch tut, was man ihm sagt?“

Der einzige Uptempo-Song des Albums ist endlich ein kleiner Höhepunkt inmitten all der ruhigen Gefasstheit. „Forget“ überzeugt auf Anhieb durch ein rhythmisches E-Gitarrenriff und den aufregenden Gesangsechos der Sängerin, die zum ersten Mal so richtig aus sich herauskommt. Dies ist nur der Anfang, hoffentlich traut sich Lianne La Havas bald schon mehr zu als die sichere Nummer des zauberhaften Vor-sich-hin-Singens.

Lianne La Havas: „Is Your Love Big Enough?“ (Warner Music/Warner)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • FS
    Francesco Sinibaldi

    On that feeling.

     

    Only that

    sunshine is

    a beautiful

    feeling calling

    your nature

    and a delicate

    thought.

     

    Francesco Sinibaldi