piwik no script img

Letzte Hilfe In Kursen können TeilnehmerInnen lernen, sterbende Angehörige ohne Berührungsängste zu Hause zu betreuenSterben und sterben lassen

„Wenn alle Menschen Erste und Letzte Hilfe lernen, trägt das zu einer humaneren Gesellschaft bei“

Notfall- und Palliativmediziner Georg Bollig

Wenn in der Sterbephase beim Atmen ein rasselndes, manchmal auch brodelndes und gurgelndes Geräusch zu hören ist, ist das für Angehörige und Begleiter oft schwer auszuhalten. „Sie sehen darin einen Todeskampf und bekommen Angst“, berichtet die Bremerin Jasamin Boutorabi, die sich seit Jahren als ehrenamtliche Hospizhelferin engagiert.

Mit einem Kurs in „Letzter Hilfe“ auf der Bremer Kongressmesse „Leben und Tod“, die am Freitag begonnen hat, klärt sie über Phänomene wie die Rasselatmung auf. Gleichzeitig will sie zur Begleitung sterbender Menschen ermutigen. Seit Anfang 2015 gibt es in Deutschland Kurse dieser Art, die der schleswig-holsteinische Notfall- und Palliativmediziner Georg Bollig initiiert hat. Mittlerweile sind sie zu einer bundesweiten Bewegung geworden. „Leben kann man nicht ohne Ersthelfer retten – und eine gute Sterbebegleitung gibt es nicht ohne Letzthelfer“, betont Bollig, der in Deutschland bereits rund 300 KursleiterInnen wie Jasamin Boutorabi ausgebildet hat.

Für die zweitägige Bremer Messe hat die 40-jährige freiberufliche Bildungsreferentin zusammen mit der Physiotherapeutin Sylvia Petrovic einen Kurs organisiert, in dem es dann auch um die Rasselatmung geht. „So hört sich Sterben an. Das ist in dieser Phase normal und in der Regel nicht mit Luftnot verbunden“, erläutert Boutorabi. Speichel könne nicht mehr geschluckt, Schleim aus den Bronchien und dem Rachen nicht mehr hochgehustet werden. Typischerweise dauert ein Kurs in „Letzter Hilfe“ vier Stunden und vermittelt in erster Linie Basiswissen. Zentral sind Informationen darüber, wie Beschwerden des Sterbenden entweder durch die Begleiter selbst oder durch professionelle Hilfe gelindert werden können.

Sterben als einen Teil des Lebens zu behandeln und für das eigene Lebensende vorzusorgen, gehe jeden Menschen an, sagt Benno Bolze, Geschäftsführer des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes. Zwei Drittel der Deutschen wünschten sich, dass sie zu Hause sterben könnten. Doch nur bei etwa 20 Prozent gehe dieser Wunsch in Erfüllung. Oft würden Sterbende noch ins Krankenhaus gebracht.

Das liegt nicht selten daran, dass sich Angehörige die Betreuung nicht zutrauen. Georg Bollig ist überzeugt: „Wenn alle Menschen Erste und Letzte Hilfe lernen, trägt das zu einer humaneren Gesellschaft bei. Kennen sich mehr Menschen in Letzter Hilfe aus, können auch mehr Menschen als bisher zu Hause sterben.“ (epd)

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen