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■ LesetipGegen den Technikkult

Bill Gates und Propheten des ewig wachsenden Marktes schreiben zwar überall, aber nicht für die Wissenschaftszeitschrift Wechselwirkung. Mit ihrem Selbstverständnis steht das Blatt eher den kritisch eingestellten WissenschaftlerInnen wie zum Beispiel der „Naturwissenschaftlerinitiative für den Frieden“ nahe. Hier schreiben vor allem WissenschaftlerInnen selbst über neue Technologien, aber nicht die Faszination des Machbaren steht im Mittelpunkt, sondern die möglichen Folgen für die gesellschaftliche Realität. Die Wechselwirkung bringt anschauliche Szenarien: beschreibt, wie Spionagesatelliten in militärische Strategien eingebaut werden können; Gedanken zur „schönen neuen Arbeitswelt“ oder Untersuchungen zum Verkehrskollaps. Den Anspruch, wertfrei und neutral zu sein, hat die Wechselwirkung nicht, „ich fänd's sogar schön, wenn wieder mehr kämpferische Artikel drin wären, aber die Ökologiebewegung ist stiller geworden“, sagt die Redakteurin Eva Wußing.

Eine Politologin und ein Mathematiker bilden den Kern der Redaktion und haben viel dazu beigetragen, daß die Artikel aus dem Elfenbeinturm mehr Bodenhaftung bekommen und besser lesbar sind. Jede Ausgabe hat ein Schwerpunktthema, zu dem mehrere Autoren aus ganz unterschiedlichen Disziplinen ihre Ansichten und Analysen beisteuern. Schwerpunkt im gerade erschienenen Heft ist die Studie des Wuppertal-Instituts, „Zukunftsfähiges Deutschland“. Dort berichtet Rainer Klüting, Physiker und freier Mitarbeiter des Wuppertal-Instituts, über die Studie und die darin entworfenen Leitlinien für ein Leben mit geringem Ressourcenverbrauch. Die Kritik an der Studie kommt von der Soziologin Ulla Peters: Die Machtverhältnisse seien nicht berücksichtigt worden. Sie plädiert für eine „Abwicklung des Nordens“. Das nächste Heft erscheint im Februar: „Die Medien und die Multis“, heißt es spöttisch in der Vorankündigung. Bill Gates wird hier sicher nicht gefeiert, dafür gibt die Wechselwirkung Raum für kritische Gedanken. Antonia Rötger

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