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Leseräußerungen zu den neuen Kameradinnen, die Leserinnen schwiegen hierzu leider.Emanzipiertes Töten

betr.: „Ich habe eine Kameradin . . .“, taz vom 3. 1. 01

Vor kurzem las ich das Buch „Profit over People – Neoliberalismus und globale Weltordnung“ von Noam Chomsky. Darin heißt es unter anderem: „Vor 250 Jahren (war) David Hume erstaunt darüber, mit welcher Leichtigkeit sich die Vielen von den Wenigen regieren lassen und sich unterwerfen, indem sie ihr Schicksal in die Hände ihrer Herrscher legen, obwohl doch die Macht immer auf Seiten der Regierten liege. Würden die Beherrschten das erkennen, würden sie sich erheben und ihre Herren stürzen. Er schloss daraus, dass Regierungsherrschaft auf ,Meinung‘ (opinion) beruht; ein Grundsatz, der für die despotischsten und militärischsten Regierungen ebenso gelte wie für die freiesten und republikanischsten. Sicherlich unterschätzte Hume die Wirksamkeit brutaler Gewalt. Zutreffender dürfte sein, dass eine Regierung umso stärker auf Meinungskontrolle zur Sicherung ihrer Herrschaft bedacht sein muss, je ,freier und republikanischer‘ sie ist.“

Das kann man sich „auf der Zunge zergehen“ lassen. Nun hatte es die Bundeswehr vor einiger Zeit geschafft, auch im Ausland mitzumischen, denn als vereinigtes Großdeutschland wäre es ungebührlich und kastratenhaft gewesen, sich weiterhin nur auf die Rolle der Landesverteidigung zu beziehen. Nachdem man erste Erfahrungen im Ausland gesammelt hatte, mangelte es jedoch an der Unterstützung in der Bevölkerung. Was lag da näher, als auch Frauen – die sich eher als Männer gegen Kriegseinsätze aussprechen – stärker in diese Meinungsbildung einzubeziehen!? Seit 45 Jahren gibt es eine Bundeswehr, die Frauen per Grundgesetz die Ausbildung an der Waffe verbot, aber erst im letzten Jahr wurde einer 1996 eingeleiteten Klage stattgegeben, sodass heute Frauen an der Waffe ausgebildet werden können. Damit kommt der von den Regierenden eingeleitete Schachzug „Konsens ohne Zustimmung“ zur Erfüllung. Denn grundsätzlich geht es um die Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, die geschickt unter dem Deckmantel der „Gleichberechtigung“ getarnt wurde. MARCO MÜLLER, Frankfurt/Main

Mir ist aufgefallen, dass Frauen sich nur freiwillig zum Dienst an der Waffe entscheiden können, Männer hingegen vom Staat dazu gepresst werden, als billiges Kanonenfutter herzuhalten. Entweder wir folgen dem Grundsatz der Gleichbehandlung und ändern das Grundgesetz und die entsprechenden Verordnungen noch einmal, sodass wir feststellen können, dass es grundsätzlich die freie Entscheidung jedes Einzelnen ist, an diesem Wahnsinn teilzunehmen, oder wir fordern auch für Frauen die Wehrpflicht bzw. Zivildienstpflicht. MARTIN EBERS, Gelsenkirchen

Endlich haben die Frauen nachgewiesen, dass Töten ein Grundrecht ist. Warum müssen Frauen eigentlich unter Emanzipation ausschließlich das Vollziehen männlicher Schwachsinnigkeiten verstehen? WOLF-RÜDIGER OTTO, Hamburg

In Zukunft wird doch etwas weiblicher und nicht mehr so ausschließlich machohaft geballert. Es wird das Töten und Morden überhaupt etwas weicher, sozusagen „menschlicher“ werden. Die Mütter dürfen jetzt nicht nur mehr einfach gebären, sondern endlich auch selber töten. OTTO KÖNIG, München

In den 70er-Jahren gab es eine starke Friedens- und Frauenbewegung. Die Kampagne „Nein zu Frauen in der Bundeswehr“ drückte dies mit aus. Mit Emanzipation der Geschlechter hat es nichts zu tun, wenn Frauen aus „Gründen der Gleichberechtigung“ zum Waffendienst einziehen können. Sollen Frauen als „stille Reservearmee“ die Lücken füllen, die Männer hinterlassen, weil sie als Kriegsdienstverweigerer den Dienst an der Waffe ablehnen? Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt 3,645 Millionen, dies ist der Hauptgrund, warum Frauen in die Bundeswehr gehen. Sie schlüpfen in die Rolle von Männern und verteidigen in deren Sinne die patriarchalen Strukturen, die Diskriminierung und Sexismus hervorbringen. WIELAND VON HODENBERG, DFG-VK, Bremen

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