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Archiv-Artikel

LeserInnenbriefe

Inklusion als Etikettenschwindel

■ betr.: „Ankündigung einer Niederlage“, taz.bremen vom 30. 8. 12

Der größte Teil der SchülerInnen mit Gymnasialempfehlung besucht Schulen in freier Trägerschaft oder Gymnasien, die am Inklusionsprojekt nicht beteiligt sind. An den Oberschulen verbleiben die Kinder aus Armutsverhältnissen – in Bremen etwa ein Drittel aller Kinder –, die „Normalos“ des mittleren Bereichs sowie die Kinder mit dem besonderen Förderbedarf. Bei bundesweit durchschnittlicher Mittelausstattung häufen sich in diesem System überdurchschnittlich die bildungspolitisch herausfordernden SchülerInnengruppen.

Es werden also nicht alle SchülerInnen zusammen unterrichtet, sondern die leistungsstärksten haben ihre exklusiven Einrichtungen. Dieser Etikettenschwindel wird in Bremen als Inklusion verkauft, und ausgerechnet die Grünen wollen noch mehr von dieser Mogelpackung.  HELMUT ZACHAU, BREMEN

Schwimmen auf dem Trockenen

■ betr.: „Nicht nur ein Dach über dem Kopf“, taz.bremen vom 27. 8. 12

Der Artikel über das Bremer Jakobushaus ist ein bisschen schönfärberisch ausgefallen. Das Haus strahlt nicht nur „den Charme einer Jugendherberge der 70er-Jahre aus“, sondern es entspricht rein baulich den Hilfevorstellungen von der Zeit davor. Wohnungslose werden fernab jeder Wohnnachbarschaft untergebracht und sollen dort „wohnfähig“ gemacht werden. Das ist so ähnlich, wie jemandem das Schwimmen auf dem Trockenen beibringen zu wollen. Dabei belegen viele Studien, dass Wohnungslosen mit Problemen beim eigenständigen Wohnen am besten dadurch geholfen wird, dass sie in normalem Wohnraum mit normaler Nachbarschaft die notwendige Unterstützung erhalten.

Vor Kurzem noch wollte die Innere Mission mehr als 3 Millionen Euro in die Renovierung des Jakobushauses stecken. Kaum zu glauben, dass in diesem Kostenrahmen nicht auch der Zugang zu 30 normalen Wohnungen gesichert werden kann.  DR. VOLKER BUSCH- GEERTSEMA, BREMEN

Es muss der Teufel gewesen sein

■ betr.: „Wenig Frieden in Friedehorst“, taz.bremen vom 18. 8. 12

Die neuerliche Diskussion ist, so scheint es, Gelegenheit für Geschäftsführer Lotzkat, die Mitarbeiter noch einmal kräftig unter Druck zu setzen. Bereits wenige Tage vor den Ferien bekamen die Mitarbeiter Post von ihrem Arbeitgeber, der mit Repressalien drohte, wenn die Mitarbeiter den Forderungen, Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, nicht nachgeben.

Ob es mit dem neuen Vorsteher Frühwald, der am 1. Oktober seinen Dienst in Friedehorst antritt, allerdings besser wird, ist bei dem Ruf, der ihm vorauseilt, wohl mehr als fraglich. Es muss wohl der Teufel gewesen sein, der das Kuratorium geritten hat, sich ausgerechnet Pastor Frühwald auszusuchen, gegen den von seinem ehemaligen Arbeitgeber Ende Juli ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde.

Letztendlich aber muss man fragen, wie dieses ganze Tohuwabohu wohl auf jene wirkt, die seit 1966 ihre Rehabilitanden in diese Einrichtung schicken – auf die Kostenträger. Auch sie dürften mit ständig wachsendem Kostendruck ihren Beitrag zur jetzigen Situation des Bfw beigetragen haben.  WOLFGANG HOLST, VERCHEN