LeserInnenbriefe:
taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin
briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.
Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Terrorstatistik
betr.: „Die richtige Antwort“, taz vom 7. 1. 17
Wie fast in jeder Terrorstatistik fehlen die Anschläge auf das Oktoberfest 1980, der Anschlag 2016 in München durch einen rechten Terroristen und die über 900 Anschläge auf Asylbewerber- und Flüchtlingsheime – ohne die Angriffe auf Einzelpersonen oder auf rechtskritische Politiker und Organisationen mit einzubeziehen – allein im Jahr 2016. Und vollkommen vergessen scheinen die Brandanschläge in Rostock und in Solingen. Waren und sind das nicht auch terroristische Akte, lange bevor der IS oder vorher al-Qaida in Deutschland aktiv wurden?
Und noch ein Hinweis: Es gibt mindestens ein Urteil zum Racial Profiling – ich glaube vom Landgericht Koblenz –, in dem ein solches Vorgehen der Polizei verurteilt wurde.
ALBERT WAGNER, Bochum
Maßlos überzogene Kritik
betr.: „Sahra und die Wutbürger“, taz vom 9. 1. 16
Ich kann die Aufregung um die Äußerungen von Sahra Wagenknecht überhaupt nicht nachvollziehen. Dass die anderen Parteien wie CDU, SPD und Grüne sich mit ihrer Kritik im Wahljahr nicht zurückhalten können, ist ja noch einigermaßen verständlich. Doch dass die eigene Partei „Die Linke“ sich verbal dermaßen auf Frau Wagenknecht einschießt, ist völlig unverständlich!
Der große Fehler vieler Kritiker und Widersacher ist leider immer wieder die undifferenzierte und aus dem Zusammenhang gerissene Wiedergabe von Fakten und Zitaten, die leider nicht selten von den Medien unreflektiert übernommen werden. Wenn Frau Wagenknecht in ihren Statements beispielsweise Frau Merkel eine Mitverantwortung an dem Berliner Terroranschlag attestiert, so ist das keine populistische rechtslastige Äußerung. Frau Merkel ist immerhin die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und trägt gemeinsam mit der gesamten Bundesregierung eine gewisse Verantwortung für dieses Land. Als Frau Merkel im Sommer 2015 die unkontrollierten Zuwanderungen von Flüchtlingen zuließ und dies mit den aufmunternden Worten „Wir schaffen das“ titulierte, hätten sofort flankierende Maßnahmen zur personellen Aufstockung von Verwaltungapparaten bei Bund, Ländern und Gemeinden eingeleitet werden müssen, was leider versäumt wurde. Denn mit den in den Jahren zuvor massiv durchgesetzten Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst war vielerorts eine Strukturkrise in den Behörden entstanden, die schon viele Bürger im Alltag zu spüren bekamen, wie das beste Beispiel in Berlin zeigt! (LaGeSo, Bürgerämter etc.) Auch das hat Frau Wagenknecht eingehend kritisiert, indem sie auf die dünne Personaldecke beispielsweise bei der Polizei hinwies. Was soll also die maßlos überzogene Kritik, wenn doch der gesunde Menschenverstand etwas anderes sagen muss!
THOMAS HENSCHKE, Berlin
Überflüssige Panikmache
betr.: „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?“, taz vom 9. 1. 17
Arbeitsmarkt und Sozialversicherung in Deutschland brauchen also ein jährliches Plus von 500.000 Einwohnern? Wo haben Sie das gelesen, Herr Küppersbusch? Wir haben aktuell zirka 2,5 Millionen Arbeitslose. Ist das für Sie schon Vollbeschäftigung?
Was wir brauchen, ist mehr Geld für Weiterqualifikation von Arbeitslosen und mehr Investitionen in die Bildung, damit die Zahl der Schüler ohne Abschluss gesenkt werden kann und diese eine Chance auf einen qualifizierten Job bekommen.
Und zur Sozialversicherung noch Folgendes: Seit vielen Jahren indoktrinieren Politiker und Journalisten die Bevölkerung mit angeblich notwendigen Konsequenzen einer negativen Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Das eine Mal soll damit begründet werden, dass wir alle länger arbeiten müssen, das andere Mal sollen vermeintliche Bevölkerungsdefizite durch verstärkte Zuwanderung ausgeglichen und dadurch legitimiert werden. Diese Strategien hat Statistikprofessor Gerd Bosbach von der Hochschule in Koblenz schon vor Jahren entlarvt (auch in der taz). Allein die stetig zunehmende wirtschaftliche Produktivität durch die technologische Entwicklung kann einen Großteil des negativen Bevölkerungstrends auf lange Sicht kompensieren. Dieser Effekt wird regelmäßig unterschlagen. Gerade im letzten Jahr ist die Debatte über neue Robotergenerationen, die uns die Arbeit wegnehmen werden, ein großes Thema gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die Panikmache bei der demografischen Entwicklung völlig überflüssig und demaskiert sich als interessengeleitet. HARTMUT GRAF, Hamburg
Das hat Methode
betr.: „Tauber vergiftet die Diskussion“, taz vom 10. 1. 17
Während in der heutigen Ausgabe in zwei Leserbriefen teilweise vehement die „unfaire“ Berichterstattung im Zusammenhang mit Sahra Wagenknecht kritisiert wird (der ich mich weitgehend anschließen möchte), haut Benno Stieber zwei Seiten weiter in seinem Kommentar in die gleiche Kerbe, indem er ihr einen „völkischen Unterton oder Ressentiments gegenüber anderen Volksgruppen und Religionen“ unterstellt. Das hat schon Methode!
Taubers polemische Einlassungen waren zweifellos kritikwürdig: Außer dem FDP-Chef hätte es aber Sahra Wagenknecht mindestens ebenso verdient, in Schutz genommen zu werden. Sie mit Frauke Petry gleichzusetzen ist einfach nur grotesk und verleumderisch. Dass andererseits AfD-Funktionär Pretzell Wagenknecht als „kluge Frau“ bezeichnet, ist nicht ehrabschneidend. Komplimenten vom politischen Gegner kann man sich nur schwer erwehren. An ihrer Klugheit habe ich keinen Zweifel.
HELMUT MAURER, Heidelberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen