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LeserInnenbriefe

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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Deutsche Oberlehrer

betr.: „Das ungezogene Kind“, taz vom 23. 1. 16

Großen Dank für diesen differenzierenden Beitrag, der sich sehr wohltuend von manchen aberwitzigen Debatten abhebt. Emilia Smechowskis Ansicht, „Die Polen können und müssen ihre Probleme selbst lösen. Deutsche Überheblichkeit hilft nicht weiter“, verhilft dazu, die derzeitige politische Entwicklung und deren Hintergründe in Polen, über die hier wenig oder verzerrt berichtet wird, besser zu verstehen und einzuordnen.

Deutsche Oberlehrer à la Martin Schulz und Günther Oettinger sind bei der Lösung der Probleme da angesichts unserer Geschichte nicht nur unsensibel, sondern auch kontraproduktiv.

DIETER LEHMKUHL, Berlin

Mehr sachliche Bescheidenheit

betr.: „Das ungezogene Kind“, taz vom 23. 1. 16

Emilia Smechowski vermittelt das übliche Bild von Polen, wie man es auch in anderen Presse- und TV-Berichten vermittelt bekommt, nur etwas deutlicher. Sie bestärkt den Eindruck, alle anderen sind schuld, besonders aber die Deutschen.

Sie schreibt: „Wer jahrhundertelang Spielball zweier Mächte war und zwischen Russland und Deuschland hin und her gekickt wurde, wer so lange auf ein nationales Bewusstsein verzichten musste, der schottet sich ab, wenn er sich angegriffen fühlt.“ Dieser Satz ist nicht in Ordnung und falsch und niemand scheint widersprechen zu dürfen.

Warum verschweigt sie den Anreger für die Aufteilung Polens? Es war weder Deutschland (das gab’s noch nicht!) noch Preußen, sondern Österreich schon 1790. Sein nationales Bewusstsein zeigte Polen brutal zwischen den Weltkriegen, als es mit allen seinen Nachbarn bis auf zwei verfeindet war.

Polen würde mit sachlicher Bescheidenheit mehr erreichen, als mit aufgeblasenem Hochmut. Kein Land in Europa kann seine Probleme alleine lösen. HARTMUT ZUREK, Bayreuth

Scheinheilige Argumente

betr.: „Öffnung nach außen, Repression nach innen“,taz vom 27. 1. 16

Der Kommentar von Bahman Nirumand liest sich gut, lässt sich aber mit wenigen Umformulierungen auch auf Staaten wie China, Saudi-Arabien, Ägypten und die Türkei beziehen. Letzterer steht neuerdings sogar wieder ein Türlein zur EU offen. Ein Grund, wenn nicht der Grund, für das Embargo gegen den Iran war die potenzielle atomare Bewaffnung.

Wann verabschieden wir uns eigentlich von der Scheinheiligkeit unserer Argumentation? Das heißt: Wann treten wir mit der gleichen Vehemenz gegen konventionelle Bewaffnung auf? Die Antwort ist simpel: An einer einmal irgendwo gelagerten Wasserstoffbombe können wir kein Geld verdienen.

HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

Unterirdische Argumente

betr.: „Der Staat darf Essgewohnheiten nicht per Dekret verordnen“, taz vom 26. 1. 16

Diesem Satz und der Tendenz des Beitrags kann ich im Großen und Ganzen zwar zustimmen, aber die Argumentationsqualität ist unterirdisch: „Wir haben eine Ideologie des freien Marktes. Aus guten Gründen bauen wir auf die Verantwortung des Konsumenten“, sagt Thomas Schramme. Herr Schramme vielleicht, ich nicht. MARTIN WAGNER, Frankfurt am Main

Längst korrumpiert

betr.: „Handelsware Mensch“, taz vom 26. 1. 16

„Von Menschlichkeit entfernt sich die EU- Debatte über Flüchtlinge ohnehin immer mehr,“ schreibt Dominic Johnson.

Wie definiert sich bei uns in Deutschland der Begriff „Menschlichkeit“? Wer definiert ihn? Die Unternehmensberatungsfirma McKinsey (stellvertretend genannt für den gesamten Berufszweig)?

Das Gerichtswesen, welches Menschen in Paragrafen presst und die Gerechtigkeit dabei dezent übersieht? Das Unternehmen, das Arbeitsplätze feilbietet, Geld verdient und nicht versteht, dass es sich an der Finanzierung des Gemeinwesens ebenso beteiligen soll, wie seine Angestellten es tun? PolitikerInnen, die fair gehandelten Kaffee und Kakao toll finden, aber die vergleichsweise fairen Arbeitsplätze im eigenen Lande ohne mit der Wimper zu zucken durch unfaire Produkte aus aller Welt verdrängen lassen?

Der Begriff Menschlichkeit wurde längst korrumpiert, geentert zu Werbezwecken, ausgehöhlt und als Seifenblase ins Land gepustet. An seine Stelle gerückt wurde „Verwertbarkeit“. Und das passt dann auch auf den Umgang mit Flüchtlingen, wie Sie ihn beschreiben.

Israel wird in einem unvoreingenommenen Vergleich mit europäischen Ländern in Bezug auf die Ideen zur Flüchtlingsverwertbarkeit sicher nicht an letzter Stelle stehen.

Die Problematik der illegalen Einwanderer in Israel hat ein enorm fesselnder Roman zum Thema, bei dem die „Menschlichkeit“ auch nicht so recht greifen will, verfasst von der israelischen Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen, der Titel lautet: „Löwen wecken“. HANS-JÜRGEN SITTEK, Moers

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