: Legitimation kolonialer Herrschaft
betr.: „Militärs mauern“, taz vom 10./11./12. 5. 08
Ein Punkt, der in der Berichterstattung der taz über die Situation in Birma nach dem Zyklon „Nargis“ bislang völlig fehlt, ist die problematische Rolle westlicher bzw. internationaler Hilfsorganisationen. Es wird suggeriert, sie wären neutrale, selbstlose Akteure, die – ebenso wie die Betroffenen der Katastrophe – Opfer der irrationalen Entscheidungen der birmanischen Junta werden.
Trotz der unbestreitbaren Nothilfen, die internationale Hilfsorganisationen geben können, wird völlig unhinterfragt davon ausgegangen, dass nur sie technisch und organisatorisch in der Lage sind, eine effiziente Versorgung von Katastrophenopfern zu gewährleisten, während der Anspruch der birmanischen Regierung, dies selbst zu tun, als absurd zurückgewiesen wird. Diese Argumentationsweise hat eine lange Tradition: Die Unfähigkeit außereuropäischer Völker, sich selbst zu regieren, bildet schon seit Jahrhunderten eine zentrale Legitimation für koloniale und postkoloniale Herrschaft und ist auch in scheinbar neutralen Institutionen wie den UN weiterhin gängig. KATHARINA LENNER, Berlin
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