Leckere Lakritze, genau bemessen

Der Ex-Smashing-Pumpkins-Chef Billy Corgan gab mit seiner neuen Band Zwan in der Columbiahalle ein Club-Konzert

Zumindest was die Publikumsresonanz betrifft, scheint es auch für einen Billy Corgan nicht leicht zu sein, übergangslos von einem Popleben ins nächste zu wechseln: von den Smashing Pumpkins über New Order zu Zwan. Füllte Corgan auf der Smashing-Pumpkins-Abschiedstour im Jahr 2000 locker die 10.000er-Hallen, so ist der Andrang beim Auftritt seiner neuen Band Zwan in der Columbiahalle eher bescheiden – es hat sich noch nicht rumgesprochen, dass es sozusagen einen Smashing-Pumpkins-Nachfolger gibt.

Vielleicht 1.500, höchstens 2.000 Leute sind gekommen, können überall gut stehen, sehen und fühlen sich sauwohl. Es herrscht geradezu Club-Atmosphäre. Diese passt zwar nicht unbedingt zu Corgan, einem der großen Überlebenden aus der Grunge-Ära der frühen Neunziger. Sehr wohl aber zu drei seiner neuen Mitstreiter, die allesamt von kleineren, aber sehr feinen Indie- und Postrock-Bands stammen. Da ist der Gitarrist David Pajo, der früher bei Slint und Tortoise die Saiten zupfte, da ist der andere Gitarrist Matt Sweeney, der früher in Bands wie Skunk und Chavez spielte, und da ist die wirklich tolle A-Perfect-Circle-Bassistin Paz Lenchantin. Mit dem einstigen Smashing-Pumpkins-Drummer Jimmy Chamberlain bilden sie das musikalische Rückgrat von Zwan.

Wer nun gedacht hat, so viel Indie-Kompetenz auf einem Haufen würde Billy Corgan nun ganz, ganz weit weg von seiner alten Band führen und ein völlig neues Corgan-Gefühl generieren, hat sich allerdings schwer getäuscht: Das erste, dieser Tage erschienene Zwan-Album „Mary Star Of The Sea“ klingt wie die nahtlose Fortsetzung des letzten Pumpkins-Album „Machina/The Machines Of God“. Ein dichter, schwerer und treibender Gitarrensound begleitet Corgans wie gehabt nölende und quengelnde Stimme, und spätestens nach dem ersten Drittel des Albums stellt sich das typische Smashing-Pumpkins-Wohlgefühl wieder ein, und man denkt: Das ist Rockmusik, die satt und glücklich macht, zu der man schwelgen und durch die Gegend sausen kann, zu der man träumen kann. Nur zu viel davon, das wissen wir von leckeren Haribo oder Katjes, zu viel davon nervt, verursacht im besseren Fall lediglich eine Magenverstimmung und macht im schlechteren Fall unglücklich.

Immerhin wirken Zwan auf der Bühne wie eine Band, die sich noch einspielen und finden muss, aber dieser Prozess scheint ihnen Spaß zu machen. Minutenlang bearbeiten Corgan, Pajo, Sweeney und Lenchantin ihre Gitarren, während dazu Chamberlains Schlagzeug klingt, als wolle er damit das Olympiastadion beschallen. Jeder Einzelne hat dabei seine wirklich guten Momente, insbesondere Frau Lenchantin, und erst als der erste richtige Song beginnt und Corgan Sachen singt wie „born to love“ oder „never lose this feeling“, ist alles irgendwie wie früher.

Schön aber, dass Zwan es verstehen zu mischen und das Konzert aufzulockern, dass sich die friemelnden Passagen, in denen die Gitarren aufs ordentlichste bearbeitet werden, mit den toughen, hitverdächtigen Vier- bis Fünfminütern abwechseln. Im letzteren Fall alles Songs, die schon bald in die Dauerrotation der Musiksender gelangen dürften, Songs wie „Settle Down“, „El Sol“ (beides übrigens von Zwan neu arrangierte Traditionals) oder „Honestly“. So lässt sich dann nach so einem gelungenen Abend schön sagen: Die Smashing Pumpkins sind tot, es leben Zwan, die neuen Smashing Pumpkins! GERRIT BARTELS