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Lebensmittelpreise"Gegen die Geiz-ist-geil-Mentalität"

Lebensmittel sollten nach ihrem Wert bezahlt werden, findet Slow-Food-Sprecher Ulrich Rosenbaum.

Interview von Christine Zeiner

taz: Herr Rosenbaum, halten Sie Preissteigerungen bei Butter, Käse und Milch für gerechtfertigt?

Ulrich Rosenbaum: Die Slow-Food-Bewegung tritt ein für gute, saubere und faire Produkte. Und fair bedeutet: Die Produzentin und der Produzent - ob Landwirt oder Handwerker - soll einen gerechten Preis für ihre und seine Ware bekommen. Wie wenden uns gegen die "Geiz-ist-geil"-Mentalität der Deutschen, das heißt: in erster Linie darauf zu achten, ob Lebensmittel billig sind. Sollten Lebensmittel tatsächlich teurer werden und Discounter nicht gleich wieder versuchen, den Preis zu unterbieten, könnte das dazu führen, dass Konsumentinnen und Konsumenten wieder mehr auf Qualität achten.

Ist das nicht sehr elitär? Was ist mit jenen, die wenig Geld in der Tasche haben?

Diese Frage muss anders als über Lebensmittelpreise gelöst werden. Und natürlich gilt das mit dem fairen Lohn für alle, also auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Was diejenigen betrifft, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, so muss das über die Sozialpolitik gelöst werden.

Das klingt aber sehr einfach...

Es ist auch eine Tatsache, dass über Jahrzehnte in der EU Subventionspolitik betrieben wurde. Die hat vieles zerstört, zum Beispiel den Umgang mit Lebensmitteln. Wenn weniger Subventionen fließen würden, gäbe es auf staatlicher Seite mehr Geld für Transferzahlungen und Sozialleistungen. Das wäre ein ehrlicherer Umgang für alle Beteiligten und für die Lebensmittel.

Was kritisieren Sie denn am Umgang mit Lebensmitteln?

Wir produzieren in der EU ja viel mehr Lebensmittel, als wir brauchen. Es wird jede Menge vernichtet. Sollten die Preise für Lebensmittel tatsächlich steigen, könnte das vielleicht zu einem bewussteren Umgang damit führen. Wie oft werden drei Joghurts im Aktionspack gekauft, von dem dann eines weggeworfen wird. Wir sollten uns auf die Einstellung früherer Generationen rückbesinnen: Lebensmittel sollten nicht weggeworfen, sondern nach Bedarf gekauft werden. Dann bleibt auch mehr Geld in der Tasche übrig.

Führen höhere Preise automatisch zu einer besseren Qualität?

Das kann man nur hoffen. Andernfalls würde die Verbraucherin und der Verbraucher nicht einsehen, weshalb man mehr für Lebensmittel zahlen sollte.

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