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Lagerung von AtommüllEU will Endlager-Frage an sich ziehen

EU-Energiekommissar Oettinger mischt sich in die Endlager-Frage ein: Unter anderen soll der Export von Atommüll außerhalb der EU verboten werden.

Zwischenlager Gorleben: Die EU will sich mehr in den Umgang mit Atommüll einmischen. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Bei seinem Amtsantritt hat Energiekommissar Günther Oettinger die Endlagerfrage in Europa zur Chefsache erklärt. Am Mittwoch will er einen Vorschlag auf den Tisch legen, wie EU-Länder mit AKW-Standorten ihren Atommüll behandeln sollen. Oettingers Vorvorgängerin Loyola de Palacio war 2002 mit einem ähnlichen Vorhaben am Widerstand der Mitgliedsländer gescheitert.

Teile des Entwurfs wurden vorab in Brüssel bekannt. Demnach müssen die Mitgliedsländer vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie nationale Entsorgungspläne und Zeitpläne für die Errichtung eines Endlagers in Brüssel vorlegen.

Gemeinsame Deponien mehrerer Mitgliedsländer sollen möglich sein. Atommüllexporte außerhalb der EU aber soll es nicht geben, da die Sicherheitsstandards nicht zu kontrollieren seien.

Die grüne EU-Abgeordnete Rebecca Harms kritisiert, dass Abfälle, die theoretisch später mit neuer Technik doch aufbereitet werden können, nach Oettingers Plänen nicht unter das Exportverbot fielen. Offen bleibe auch, wer die Kosten für die Entsorgung übernimmt.

Nicht alle Atomländer haben die Betreiber zu Rückstellungen verpflichtet. Harms will Fonds EU-weit zur Vorschrift machen und fordert, dass ihre Finanzstruktur offengelegt wird und die Mittel nicht langfristig gebunden sein dürfen.

"Die letzte Verantwortung sollte aber nicht beim Unternehmen, sondern beim Staat liegen und damit kommerziellen Interessen entzogen sein." Die EU-Kommission will solche Details den Mitgliedstaaten überlassen.

Nach Einschätzung von Harms ist der Entwurf deutlich weniger ambitioniert als seinerzeit der Palacio-Vorschlag, neue AKWs erst dann zu genehmigen, wenn die Endlagerfrage beantwortet ist. Über mögliche Risiken bei der Einlagerung in ehemalige Bergwerke verliere Oettinger kein Wort.

Harms verlangt, dass sich die EU-Kommission eine Übersicht über den Status quo verschafft: Wie viel Müll liegt derzeit in europäischen Zwischenlagern, wie weit sind die Pläne für Endlager gediehen? Schon jetzt ist klar, dass die Kosten explodieren. Die französische Électricité de France hat neulich ihre Kostenschätzung für ein mögliches Endlager von 15 auf 35 Milliarden Euro korrigiert.

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5 Kommentare

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  • Y
    yotago

    Ich habe Herrn Oettinger heute im Radiointerview gehört ... der absolute Komiker! Eine größere Fehlbesetzung ist nicht denkbar, obwohl es sie gibt, Frau Merkel, Herr Westerwelle, Herr Mappus, Herr Koch, Herr Rech, Frau Gönner ...

  • FN
    Fritz Noss

    Grundsätzlich ist der Ansatz eine so weitreichende "Gefahrentechnik" wie die Atomkraft EU weit zu regeln sehr sinnvoll.

     

    Es kann nicht sein, dass z.B. Frankreich AKWs betreibt und wenn es ein Leck gibt oder gar Unfall passiert, alle Nachbarn im Radius von 2.000 km den Schaden haben!

     

    ABER:

    Es ist offensichlich, dass die Atomlobby Oettinger als ihren "Hampelmann" in Brüssel plaziert hat!

     

     

    Fakt ist nach wie vor:

     

    Sicherheit hat oberste Priorität! -- Wir dulden kein ABER ....

     

    Wirtschaftliche Interessen dürfen niemals Sicherheitsinteressen auf Platz 2. verdrängen!!!

     

     

    Die Lobby setzt uns gegen unseren Willen den Gefahren bewußt aus. Das ist sittenwidrig!

  • A
    Antonietta

    Atomkraft muss ein Auslaufmodell bleiben. Sonne, Wind, Biomasse und Wasser plus Energieeffizienz und Einsparung gehören die Zukunft!

  • V
    vic

    Heureka!

    Oettinger findet den Stein der Weisen - das sichere Endlager.

    Na also, eine Fachkraft an der richtigen Stelle bewirkt oft Wunder.

  • F
    Frank

    Oh, lala,

     

    der Giftmuell, an privater Stelle oft wenig beliebt, scheint fuer ""politische Akteure" von abweichendem Interesse zu sein. Da gehts ums Ganze. Wer hat die dicke (ste) Bombe!?

    Dieses Material "schlummert" in den "Abfaellen" der Atomindustrie!?.

    Hoppla, Europa!?, diverse Standorte werden mit Vehemenz (=:) grosse menschliche Leistungen we(u)rden bereits im Vorfeld von PRAKTISCHER? Opposition politisch in der Realitaet niedergemacht,

    will in dieser Angelegenheit, ganz vorn, erster sein.

    Was haben Sie davon (nagasaki, hiroshima)?