piwik no script img

LärmklagenEine Brücke als Kleinkunstbühne

Die Admiralbrücke in Kreuzberg ist ein Partytreffpunkt geworden. Doch viele Anwohner pochen auf ihre Nachtruhe. Ein Treffen mit dem Bezirk bringt kein Ergebnis. Brückenfans fordern Ideenwettbewerb.

Mancherorts stören Autos die Anwohner. An der Admiralbrücke will man mehr davon.. Bild: AP

Sie ist mit ihrer Freundin aus São Paulo da; es war absehbar, dass sie am Abend auf der Admiralbrücke landen würden. "Ich gehe kaum mehr in Clubs oder Kneipen", erzählt die Frau mit blondem Pferdeschwanz, die mit 60 anderen jungen Leuten auf dem Bürgersteig am Brückengeländer hockt. "Wenn es einen Ort in Berlin gibt, an dem sich vorurteilsfrei Menschen aus allen Ländern treffen können, dann hier."

Grillverbot am Falkplatz

Auch an anderen Orten Berlins zeigen Anwohnerproteste wegen Krachs Wirkung: Aufgrund "massiver Beschwerden" über Geruchs- und Lärmbelästigungen hat der Bezirk Pankow auf dem Falkplatz ein pauschales Grillverbot verhängt. Ab dem 1. Juli soll das Ordnungsamt die Einhaltung des Verbots kontrollieren. Der benachbarte Mauerpark bleibt mit kleinen Ausnahmen eine ausgewiesene Grillzone, so der Bezirk am Mittwoch in einer Mitteilung. (taz)

Viele Anwohner sehen das inzwischen anders. Die Party in Kreuzbergs größtem Open-Air-Wohnzimmer ist zum Ärgernis geworden - zu viel Lärm, zu viel Alkohol und zu viel Harndrang. Rund 100 Kreuzberger diskutierten am Dienstag zweieinhalb Stunden lang im Rathaus in der Yorckstraße, wie man den Ort für Brückenfans unattraktiver machen könnte: mit baulichen Veränderungen, Alkoholverboten nach 22 Uhr und gezielten Polizeieinsätzen bei Ruhestörungen.

"Die Brücke hat etwas von einer Kleinkunstbühne - das ist schön", sagt Andrea. Sie wohnt in der Admiralstraße und hat eine kleine Tochter. Musik bis 10, 11 Uhr sei völlig in Ordnung und bei geschlossenem Fenster für sie kein Problem. Wenn sich aber Nachbarn am Fraenkelufer, deren Kinder nachts um 2 Uhr noch nicht schlafen können, anhören müssten, sie seien Spießer und sollten nach Steglitz ziehen, ärgert sie das: "Das waren Leute, die selbst Musik machen und tolerant sind." Und inzwischen fortgezogen - wegen des Lärms.

Würden die Poller auf der Fahrbahn als Sitzgelegenheit verschwinden, würde die Brücke wieder besser für Autos befahrbar, die Partybeschallung ließe nach, so die Hoffnung mancher Anwohner. Unterstützung von Bezirksrätin Jutta Kalepky (Grüne) bekommt ihre Idee nicht. Deren Standpunkt: Die Straße sei eine Spielstraße, auf der alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Ein vom Bezirk in Auftrag gegebenes Gutachten empfiehlt einen Fahrradweg in der Mitte der Brücke. Die Poller würden dabei durch andere flache ersetzt. Kosten: 30.000 Euro. Geld, das der Bezirk nicht hat; zudem wäre zweifelhaft, ob die Maßnahme wirke, so Kalepky.

Also wird weiter diskutiert. Die Forderung einer Anwohnerin nach einem Alkoholverbot nach 22 Uhr wird als unrealistisch verworfen, ebenso der Vorschlag, einen privaten Sicherheitsdienst für die Abendstunden zu engagieren: "Wir sind doch keine Bürgerwehr", schallt es aus dem Saal. Es bleibt der Ruf nach wirkungsvolleren Polizeieinsätzen und der Umwidmung der Spielstraße in eine verkehrsberuhigte - dann könnte die Polizei auch einschreiten, ohne vorher gerufen worden zu sein.

Kalepky verspricht, die Vorschläge weiterzutragen, wird aber jäh unterbrochen. "Was hat das Treffen jetzt gebracht?", ruft eine Anwohnerin, die um Fassung ringt. "Sie erzählen uns nach eineinhalb Jahren, dass Sie noch immer keine Lösung für das Problem haben?" Das sei "echt schwach". Einige verlassen unter Protest den Saal, jemand schwenkt die Presseerklärung von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Admiralbrücke: Kein Umbau - Aufenthaltsqualität soll bleiben": "Die wollten Sie so herausgeben? Die Veranstaltung ist eine Farce!"

Eine Wortmeldung findet in dem Tumult noch Beachtung: Christian Weninger, Betreiber des Weblogs www.admiralbruecke.de und Brückenfan, schlägt einen Ideenwettbewerb für die Admiralbrücke vor. So könnten auch Brückennutzer aktiv einbezogen werden. Am liebsten würde er die Brücke in ihrem derzeitigen Zustand erhalten - wie viele andere Nutzer. Der Facebook-Gruppe "Kein Umbau der Admiralbrücke in Kreuzberg" gehören mittlerweile 374 Brückenfans an - im Saal waren sie allerdings entweder kaum vertreten oder unglaublich zahm.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    also ab 10 uhr wollen manche eben schlafen. wenn ich als anwohner lärm ausgesetzt wäre, würd ich auch irgendwann die bullen rufen. bei dem ton den wohl einige der brückenpartygäste hier schon im forum drauf haben würd mich das nicht wundern. da kriegt man auch alt68er gegen sich auf (und sonst auch jeden) und als konsequenz gibs mal wieder eskalation statt klärender gespräche (typisch deutsch, dass mal wieder nicht miteinander geredet wird sondern nur übereinander..)

  • TG
    Timo Grassi

    Als ich vor vier Jahren die Admiralsbrücke das erste Mal besuchte, war dort eine äusserst friedliche Stimmung.

     

    Inzwischen haben es einige wenige zustandegebracht, dass dort zunehmend aggressive Stimmung aufkommt.

     

    Der Ton ist nicht mehr schön. Er geht zunehmend ans Existenzielle.

     

    Man sollte meinen, dass die Subkultur wenigstens in Kreuzberg einen Platz in der Öffentlichkeit besässe.

     

    Doch das wird alles bald vorbei sein.

     

    München ist überall...

  • NR
    Norbert Rheinlaender

    Die Admiralbrücke

    im Schnittpunkt zwischen Fraenkelufer und Grimmpromenade

    Kurzuntersuchung von Dipl.-Ing. Arch. Norbert Rheinlaender, Admiralstr. 21, Tel. 788 33 96 23.6.09

     

    Städtebauliche Qualitäten des Ortes

    Die Akzeptanz und Beliebtheit des Treffpunkts Admiralbrücke, der in internationalen Reiseführern aufgeführt ist, beweist die Aufenthalts- und Kommunikationsqualitäten dieses Ortes. Jede/r Stadtbewohner/in, gerade aber auch jede/r Anwohner/in, sollte froh sein, dass es einen solchen Ort mit Qualitäten gibt, der den Aufenthalt ange-nehm macht und um den uns viele Berliner beneiden:

    • Besonderer, städtischer Ort mit Wohnbebauung und Gewerbe an verkehrsbe-ruhigten Straßen, mit Landschaft, Natur und Wasser am Schnittpunkt von zwei Parkstreifen (Landwehrkanalufer und Grimmpromenade)

    • Eingespielter internationaler Treffpunkt, auch von Jugendlichen für Freizeit ohne Eintrittsgeld

    • Lauschiger Ort durch weitgehende Abwesenheit von Motorenlärm des Indivi-dualverkehrs. Der Schiffsverkehr wird wegen seiner geringen Geschwindigkeit weitgehend als beruhigend und wenig störend empfunden.

    • Kommunikativer Ort für Aufenthalt, Gespräche, Musizieren mit akustischen In-strumenten und Musikhören sowie Fernblick (Perspektiverlebnis im Freien mit Sonnenuntergangsbeobachtung) trotz hohem Fußgänger- und Radfahrerver-kehr.

    Wegen seiner städtebaulichen Qualitäten sollte dieser Ort unbedingt erhalten und die Infrastruktur durch Verbesserungsangebote unterstützt und auftretende Probleme mit spezifischen Lösungen gezielt angegangen werden:

    Bei der längst notwendigen Uferwegesanierung sollten am südwestlichen Kanalufer-streifen Sitzbänke aufgestellt werden. Die südlich der Planuferstraße anschließende, bisher ungestaltete Grünfläche zwischen den Häusern Grimmstr. 1-3 und Grimmstr. 26-30 sollte durch das Aufstellen von Sitzbänken in Nord-Süd-Richtung mit Leuchten den Mittelstreifen, die „Grimmpromenade“, vom Kinderspielplatz bis zur Adrmiralbrü-cke verlängern. So entsteht in südlicher Verlängerung der Brücke ein Entlastungs-raum, so dass sich die Personen wie auch die Musikanten weniger auf der Brücke konzentrieren werden.

     

    Durch die vielfältige Nutzung der Brücke als Aufenthaltsort ergeben sich Probleme: neben dem Müll vorrangig der „Lärm“ (von einigen Anwohnern zur Unzeit als zu laut empfundene Musik, Gespräche bzw. Gesänge). Unverstärkte Musik von akustischen Gitarren wird als weniger störend empfunden als Musik von Blasinstrumenten und Trommeln bzw. Percussions. Nach 22 Uhr werden dann eher die – bei den Feiern-den durch die Wirkung des Alkohols hervorgerufenen – lauteren Gespräche als stö-rend empfunden und die Ignoranz der Feiernden auf Anwohnereinsprüche.

    Da die Schlafzimmer in den Wohnungen des Fraenkelufers auf der Südseite (= Ufer-seite) liegen, klagen manche Eltern über Einschlafprobleme ihrer Kinder. Dieses Problem bleibt weiterhin akut, weil die Schlafzimmer aufgrund der Wohnungsgrund-risse kaum auf die Nordseite der Häuser verlegt werden können (ähnliche Probleme haben Anwohner am Kollwitzplatz und in der Simon-Dach-Straße). Die Anwohner des Fraenkelufers haben enorme Vorteile durch die Verkehrsberuhigung ihrer Stra-ße. Alle andern Lärmprobleme sind stadtweit durch Gesetze und Verordnungen ge-regelt (LärmschutzVO), deren Einhaltung vollzogen werden muss. Allerdings erheben auch viele Anwohner einer verkehrsberuhigten Straße den Anspruch, bei offenem Fenster ungestört schlafen zu können. Dieser Anspruch ist aber gesetzlich nicht ge-währleistet, stört aber häufig den sozialen Frieden vor Ort.

     

    Probleme Lösungen

    Lärm: zwischen 16 und 24 Uhr Ab 20 Uhr: Einhaltung des gesetzlichen Lärmschutzes durch Kontrollgänge von amtlichem Personal (nach 22 Uhr)

    Flaschen Pfandflaschen werden von täglich prä-senten Flaschensammler/inne/n entsorgt

    Für die restlichen Flaschen stehen 5 Gla-scontainer (Iglus) vor Ort bereit.

    Scherben werden durch die BSR ent-fernt.

    Pizza-Pappkartons Vorhandene Papierkörbe sind dafür zu klein. Deshalb in Absprache mit der Piz-zeria sollte dort ein Papiercontainer auf-gestellt werden.

    Müll: Kronkorken, Papier, Plastik u.a. Werden in den 6 aufgehängten Müllbe-hältern und von der Straßenoberfläche von BSR-Mitarbeitern jeden Morgen ent-sorgt. Notfalls muss der Reinigungstakt erhöht werden.

    Fehlende WCs Die Pizzeria und das gegenüberliegende Eckrestaurant verlangen für WC-Benutzung -,50 €. Es sollten zusätzliche mobile Chemietoiletten aufgestellt wer-den

    Hundekot Durch intensiven menschlichen Aufent-halt auf der Grünflächen wird die Nut-zung durch Hunde deutlich zurückgehen.

     

    Kosten für Müllcontainer und WCs Die vom Verkaufserfolg profitierenden Gewerbe sollten zur Deckung der zu-sätzlichen Kosten für die herangezogen werden.

    Umbaukosten Die notwendigen Instandhaltungskosten sollten für die Neugestaltung geringfügig aufgestockt werden (z.B. im Bürger-haushalt)

     

    Der Autor hat diese Kurzuntersuchung als Anwohner erstellt und dafür keinen amtlichen Auftrag ge-habt. Er wohnt seit 23 Jahren vor Ort, verdient sein Geld mit Altbausanierung, engagiert sich seit 35 Jahren ehrenamtlich in Bürgerinitiativen im Bereich Verkehr, Stadt- und Grünplanung und berät zahl-reiche Verkehrsberuhigungsinitiativen.

  • P
    pitroipa

    Weißt du, wovon du sprichst? Pinkeln dir jeden Tag ebsoffene und grölenede "nette Partyleutchen" vor dei Tür? Hast du Bongospieler, die mitten in der Nacht (ich spreche hier von 1 Uhr!) mit E-Gitarrenverstärkung vor Wohnhäusern "ein bisschen gute Laune verbreiten"?

     

    Übrigens trauen sich die Migranten aus der Umgebung schon lange nicht mehr in die Nähe der Admiralbrücke, die hat das Partyvolk schon lange verdrängt.

     

    Wer fordert hier eigentlich von wem "Toleranz"? Klar, diejenigen, die nachts besoffen mit Flaschen werfen und laut musizieren und "Party machen" fordern Toleranz. Wen tolerieren diese Menschen eigentlich?

  • B
    Bäääärrrrk!!!

    @ vic

     

    wie recht Du hast!

     

    Sah kürzlich eine Dokumentation über die Durchsetzung von Alkoholverboten in Mitte. So wie sich da diese Ordnungsamt (möchtegern SUPEBULLEN) aufgeführt haben, insbesondere eine Frau der man eine Uniform verpasst hat, das war schon mehr als peinlich und niederträchtig. Die reinsten Stasimethoden, Taschenfilzung nebst Tabakbeschlagnahme eingeschlossen. Und wie wichtig kam sich dieses möchtegern Flintenweib da vor der Kamera vor. Berlin wird immer mehr zum spiessig, bürgerlich, verkommenen großen Dorf.

  • V
    vic

    Mir scheint Berlin wird stetig provinzieller als jede Provinz. Hier keinen Markt, da kein Treffpunkt junger Leute, erst rechte keine Migranten, weg mit Almosen-Armen von den Straßen. Sauber - Ruhig - Deutsch.

    Ich empfehle einigen einen Umzug nach Bayern oder Schwaben, da herrscht noch Ordnung.

    Aber vorsicht. Hier seid ihr die Migranten!