LONG PLAYING RECORD : Jukebox * Der musikalische Aszendent
Immer noch ein guter Mond, nach all der Zeit
Es stand ja nun ziemlich überall zu lesen, was Television im Allgemeinen und „Marquee Moon“ im Speziellen so wichtig machte, dass die White Stripes und erst recht die Strokes ihr „The“ eigentlich abgeben müssten an der Theke, an der diskutiert wird, wo das alles seine Wurzeln hat. Noch was anderes aber war auch noch ganz toll an Television: Man konnte mit ihnen prima Distinktionsgewinne erzielen, und das in einer Zeit, in der die Verfeinerungen bereits ganz übel ausfaserten. Kurz zuvor konnte man eine dieser unsäglichen Beatles-Stones-Diskussionen noch verstummen lassen, indem man ein schlichtes „Velvet Underground“ in die Runde warf. Das war Ende der 70er schon schwieriger: Punk oder lieber New Wave? Im Weiteren: Clash oder Pistols oder Ramones oder doch lieber die Buzzcocks? Vielleicht auch: Talking Heads oder Blondie? Wer sich gänzlich abheben wollte, der glänzte damit, dass Punk ja mitnichten so neu war, wie er gerne tat, und quälte Ahnungslose mit Stooges oder MC 5. Die ganz großen Angeber staubten sogar noch ein paar obskure Garagenpunkbands aus den frühen Sixties ab, aber weil die meistens nur einen guten Song auf einer ultrararen, gemein knacksenden Compilation hatten, war das ein ebenso teures wie zweifelhaftes Vergnügen.
Aber es gab ja noch Television und „Marquee Moon“, die machte was her, obwohl man sie zum „Nice Price“ erwerben konnte. War ja schließlich irgendwie Vorläufer von allem, was damals zählte, von Postpunk oder vom Anfang der 80er einsetzenden Gitarrenrock-Revival. Ein kurzer Hinweis darauf und man hatte seinen Ruf als Klugscheißer auf ewig gesichert. Nur, man bekam leider den Verdacht nicht los, dass zwar fast jeder diese Platte im Schrank stehen, aber kaum jemand sie wirklich mal richtig gehört hatte.
Was sich ja nachholen lässt vor dem Konzert am Sonntag in der Volksbühne, nur um bestätigt zu bekommen, was überall stand: Dass diese Platte testoftimesmäßig tatsächlich kein bisschen gelitten hat. THOMAS WINKLER