■ LOKALTERMIN: Ein "Yaprak-Döner" bei Ahmet Eroglu
Ein »Yaprak-Döner« bei Ahmet Eroglu
Manchmal möchte ich lachen, wenn ich auf einen Döner in den »Tekbir- Grill« gehe. Da sitzen erwachsene Männer in der Ecke des schmalen Imbiß' auf Kinderstühlchen. Türkische und arabische »Machos«, gezähmt von der winzigen Sitzgelegenheit, ihre kurze Essenpause genießend. Zufällig kommen sie nicht hierher. »Das ist was Besonderes«, sagt Salih. Der 23jährige Straßenbauer hat zwei Arbeitskollegen mitgebracht, um ihnen zur Frühstückspause einen »Original-Döner« vorzuführen: Yaprak, ganze Fleischstücke vom Rind, eingelegt in Salz, Zwiebeln und einem Dutzend türkischer Gewürze, die der Chef, Ahmet Eroglu, nicht recht preisgeben mag. Den Rest glaubt man zu kennen. Das auf den senkrechten Grillspieß aufgepflanzte Fleisch. Ein langes Messer, bald einen halben Meter lang, das, von Eroglus Hand und einem gewöhnlichen Eßlöffel geführt, die Scheiben zu mundgerechten Stückchen schneidet.
Der »Yaprak-Döner« hat eine süßliche Note in seinem Geschmack, manche sagen, er wäre süß-sauer, andere heben die Breite der Gewürze hervor, die sich des Gaumens bemächtigen. Auf den »Tekbir-Grill« schwören sie in Kreuzberg. Und nicht nur da: Aus dem Berliner Osten extra rübergefahren kommt Ari, 45 und Computer-Kaufmann. Seit sieben Jahren sucht der Mann aus Jordanien »Tekbir« in der Skalitzer Straße auf, diesmal begleitet ihn ein Geschäftsfreund. Er ordert »Mercimek«, eine türkische Linsensuppe und zwei Döner in türkischem Brot. »Das ist Fleisch!«, entfährt es ihm bei der Frage nach dem »Wieso ausgerechnet hier?« Anders sei es als bei den anderen Imbißbuden, »die den Döner für die Deutschen machen: mit Hackfleisch, mit Speck, mit Knorpeln und Brot.«
Wenn er wüßte. Die Deutschen, auch das haben sie geregelt. Und zwar in der »Berliner Verkehrsauffassung für das Fleischerzeugnis ‘Döner-Kebab‚«. Danach darf für den »Döner« nur Fleisch von Kalb, Rind oder Schaf verwendet werden, welches »Paragraph 6 Abs. 1 Hackfleisch-Verordnung (grob entsehnt, grob entfettet und max. 20 Prozent Fett) zu entsprechen« hat. Wichtig für Otto Normalverbraucher: Döner darf höchstens zwei Drittel Hack enthalten, der Rest müssen ganze Stücke sein. Am besten sind Döner, die nur aus ganzen Fleischstücken hergestellt sind. »Aus hygienischen Gründen«, wie der zuständige Kreuzberger Amtstierarzt Dr. Wolf-Jürgen Sievers berichtet. Also wie bei Ahmet Eroglu und — wie wir als Nichtbeamte hinzufügen —, aus »geschmacklichen Gründen«.
Kleiner Fahrplan durchs Sortiment: Neben Döner für dreifünfzig gibt's Lahmacun aus selbstgemachtem Teig (1,50, mit Salat 2 Mark), Linsensuppe oder Mercimek (3 Mark), die Buttermilch »Ayran« kostet einsfünfzig. Nachher vielleicht was Süßes, zu türkisch »Tatle«. Etwa »Baklawa« (Teigscheiben mit Pistazien), »Sekerpare« oder eine der arabischen Köstlichkeiten, die jeden Morgen gegen halb elf frisch aus dem Wedding kommen.
Tekbir-Grill, Skalitzer Straße 23, ab halbzehn, wer nach sechs kommt, muß damit rechnen, daß der »Yaprak-Döner« aus ist.
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