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Archiv-Artikel

LKWS BLEIBEN WOHL AUCH 2004 NOCH VON DER NEUEN MAUT VERSCHONT Weltkonzerne mit Monopolgefühl

Deutschland wird auch nächstes Jahr kein funktionierendes Mautsystem haben. Einen anderen Schluss lässt das jüngste Manöver von Toll Collect nicht zu. Das Pannenunternehmen scheut sich, einen genauen Starttermin zu garantieren, und es weigert sich weiterhin, auch nur annähernd für Schadenersatz zu sorgen. Dafür will es nun aber noch einmal darüber verhandeln, wie die Technik zum Eintreiben des Wegezolls von Lastwagen auf deutschen Autobahnen genau aussehen könnte. Sie wollen es als Einlenken, als gütliches Angebot verstanden wissen. In Wahrheit ist das pure Machtdemonstration.

Denn die Offerte bedeutet, dass die gemeinsame Tochter der Weltkonzerne DaimlerChrysler und Deutsche Telekom die Tücken der als so zukunftweisenden gepriesenen Technik nicht in den Griff bekommen. Die kleinen satellitengestützten Zauberkästen, die die gefahrenen Kilometer zählen, die Gebühr berechnen und per SMS an ein Rechenzentrum schicken, werden noch auf unabsehbare Zeit den Dienst versagen. Dabei wurde die Software von renommierten Firmen wie IBM oder SAP geliefert. Doch irgendwie will alles nicht zusammenpassen. Die Superingenieure haben sich überschätzt – und machen sich wenig daraus.

Sie setzen getrost auf ihren wichtigsten Förderer in der Mautfalle: Verkehrsminister Manfred Stolpe. Der stellt hilflos noch einmal ein Ultimatum. Bis Silvester, binnen vier Arbeitstagen also, soll Toll Collect einen Starttermin des unseligen Systems nennen, sonst kündige die Regierung den Vertrag. Doch wer glaubt noch dieser allerletzten Frist, die nur die endgültige Frist des zuvor schon letztmals verschobenen Starttermins ersetzt?

Dann denkt Stolpe laut darüber nach, für eine Übergangzeit die Eurovignette wieder einzuführen. Die Manager von Daimler und Telekom wissen womöglich besser als der Minister, das sie keine wahre Alternative ist. Gerade mal 400 Millionen Euro statt geplanter 2,8 Milliarden würden pro Jahr in die Kassen des klammen Fiskus tröpfeln. Und andere Anbieter für eine ordentliche Maut? Die will Stolpe nicht wirklich.

Deshalb ist der schwache Minister zur Geisel der Firmenlenker geworden. Sie fühlen sich quasi als Monopolisten – und gebärden sich entsprechend. So kommt die Maut vielleicht im übernächsten Jahr oder später oder gar nicht. Die Glücklichen sind die Spediteure, die bisher keinen Cent für die Abnutzung der Autobahnen abliefern mussten. Die Unglücklichen hingegen die Steuerzahler: Ein Verkehrsetat mit Milliardenlöchern ist bislang die einzig gesicherte Information. HANNA GERSMANN