LESERINNENPOST :
Politische Bankrotterklärung
■ betr.: „SPD und Linke wollen Privatschulen nicht“, taz bremen vom 21. Mai
Es ist schon eine Frechheit, wenn Frau Jürgens-Pieper der CDU vorwirft, ihre Haltung „bewege sich bedenklich in der Nähe der Verfassungsfeindlichkeit“. Dabei sind es die Haltung – und das Verhalten – von Frau Jürgens-Pieper selbst, die sich in deutlich größerer Nähe der Verfassungsfeindlichkeit bewegen. Denn das Grundgesetz verpflichtet den Staat zur weltanschaulich-religiösen Neutralität – und gegen dies Neutralitätsgebot verstößt Frau Jürgens-Pieper in krasser Weise, wenn sie auf der einen Seite einer evangelischen Bekenntnisschule ein Qualitätssiegel verleiht, auf der anderen Seite aber die Gründung einer humanistischen Weltanschauungsschule behindert. Bei den Grünen scheint es wenigstens ein gewisses Bewusstsein dafür zu geben, was aufgrund der Gesetzeslage eigentlich unausweichlich ist. Trotzdem: Dass sie einen Koalitionsvertrag über geltendes Recht und über das Neutralitätsgebot des Grundgesetzes stellen, das ist ein trauriges Bild. Ihr Versuch, das damit zu entschuldigen, dass die Gerichte am Ende ja doch ein gesetzeskonformes Verhalten erzwingen werden, ist eine politische Bankrotterklärung.
IRENE NICKEL, Braunschweig