LESERINNENBRIEFE :
Fehlende Informationen
■ betr.: „Wohnen vor Gericht Mietspiegel wird zur Hängepartie“, taz.de vom 12. 5. 15
Das Urteil ist eine Einzelfallentscheidung und kann im Prinzip überhaupt nicht bewertet werden, weil wichtige Nebeninformationen fehlen:
Zum Richter: Hat der Richter sein Geld in Mietwohnungen angelegt? Oder sind seine Verwandten oder guten Freunde diesbezüglich involviert? Hätte es seiner Karriere geschadet, wenn er anders geurteilt hatte? Oder ist er parteipolitisch involviert? Zu den Parteien: War es ein echter Prozess oder diente er der Manipulation? Ein Richter kann nur nach dem entscheiden, was vorgetragen und was wie beantragt wird. Und da bietet sich auch eine Menge Aktionsraum für Fake-Prozessierer.
Zu den Statistikdaten: Statistiken sind im Regelfall so aussagekräftig wie ein Kaffeesatz. Wenn man es nur will, kann man statistisch je nach Bedarf auch „streng wissenschaftlich beweisen“, dass die Strompreise von der Verbreitung der Gänseblümchen abhängig sind. wxyz, taz.de
Der Archon-Architekt
■ betr.: „Bebauung des Tempelhofer Feldes“, taz.de vom 12. 5. 15
Das scheinbar unschuldige „weniger“ führt schnell zu Clusterbildung und mehr, Müller weiß das, verschweigt es, die Grünen wissen das auch, verschweigen es. Es haben viel mehr für das Tempelhofer Feld gestimmt als die Grünen Wähler haben. Alles andere, was darauf soll oder nur ein bisschen dazu soll, sind Entwürfe, Entwürfe sind aber nichts Unschuldiges. Der Entwurf kommt vom Gebieten. Der Architekt ist Archon, der Gebieter. Wer gestalten darf, war immer ein Privileg und wurde als solches verstanden.
Es ist interessant, in welche Positionen sich manche bringen inklusiv des unsichtbaren imperialen roten Umhangs um die Schultern. Im gesamten Planungsjargon zählt nur das, was eine Mehrdeutigkeit und Mehrfunktion eincodiert hat. Häuser mit Naturdachgärten bekommen da schnell höheren Wert als freie Felder. In dem Jargon wird aber in Berlin offiziell entschieden. Auch von den Grünen. Möglich ist auch das 50-Meter-Höherlegen des Feldes durch Gebäude, die man „drunter“ baut. In Asien und selbst Italien darf man über so was nachdenken, selbst im situationistischen Frankreich wäre so was erlaubt gewesen (aber hier kommt es vielleicht nicht mal in die Kommentare). Übersieht aber das Ökosystem, das die Leute aus Neukölln etc. ins Feld saugt, es ist die Schwellenlosigkeit beim Übergang von Stadt zu Feld, und das ist eine Qualität, wer den Leuten Qualität abbauen will, wird gar nicht wiedergewählt. ANDREAS URSTADT, taz.de
In den Hühnerkäfig
■ betr.: „Bioeier braucht kein Mensch“, taz vom 9./10. 5. 15
wir lieben dich doch alle. in echt! du brauchst da keinerlei angst zu haben. du wirst nicht verlassen! und wenn du mal nicht weißt, wie du die zeitung vollkriegen sollst – ist überhaupt nicht schlimm! wir zahlen gern mehr für weniger – was die quantität betrifft, wohlgemerkt. fühl dich frei! du bist erwachsen, das glauben dir doch alle! aber manchmal befürchte ich, du glaubst, erwachsen sein heißt genauso scheiße sein wie die anderen erwachsenen. das wäre ein fataler irrtum! was die eiertante betrifft, hätte ich einen vorschlag: sie wird eine woche lang zu den hühnern gesperrt, von denen ihre eier kommen. vollpension! gut – sie wird in keinen käfig passen, ich biete hiermit an, ihr einen zu schweißen. und damit nicht genug – ich bringe ihn auch zu der eierfabrik, in der sie – statt in ägypten – urlaub macht. hilfsbereite grüße von der missgunst (so heißt unser hof) bei leipzig boris krumm
Eine Tüte rauchen
■ betr.: „Berlin wird Amsterdam“, taz.de vom 12. 5. 15
Der Herr Stöß, unlängst mir erst unangenehm gegenüber der Konferenz der Palästinenser in Europa aufgefallen, würde für mich bei diesem Thema erst dann als mutiger Vorreiter gelten, wenn er bereit ist, öffentlich eine Tüte durchzurauchen, mindestens aber an solch einer „Zeremonie“ tolerierend teilnimmt. Er kann dazu ja Kollegen aus seiner Fraktion mitnehmen. Tecumseh, taz.de