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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Vorbei und nicht vergessen. Die DDR war ein Desaster – aber auf ihre Dichter mag man nicht verzichten“, taz vom 1. 8. 09

Glorifizierter Zwang

Dass Sie der Glorifizierung von Zwang Raum geben, ist für mich mit der taz nicht vereinbar. André Thiele schreibt: „Sie (die DDR) schuf einen Zwang zur Bewusstheit, und dieser doppelte Zwang zum Sinn ist die schwere Luft, in der manches Jahrhundertgenie frei atmet.“ Wenige Absätze zuvor wurde dieser Zwang noch kritisch kommentiert: „Bei den 99 Prozent ganz besonderem Mist kam noch diese zwanghafte Art, politische Bekenntnisse abzulegen.“ Von solchen Ungereimtheiten strotzt dieser Beitrag (so viel Ewigkeitsahnung trägt doch jeder in sich; die Gegenüberstellung von Christa Wolf, Günter Gaus mit Peter Hacks/Heiner Müller/Alfred Matusche; die Verbrechen Picassos und van Goghs), die zu begründen wären, doch so dargeboten wirken sie nur krude. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

■ betr.: Vorbei und nicht vergessen“

Bedenkenswerte Grundthese

André Thiele spricht in seinem Essay etwas Bedenkenswertes an, leider machen aber seine Apodiktik und sein elitäres Geschwurbel den Artikel ziemlich ungenießbar. Also: „So viel Ewigkeitsahnung trägt jeder in sich“, dass er Christa Wolf und Günter Grass für belanglos hält, aber Peter Hacks, Heiner Müller, Alfred Matusche, Jochen Berg und Herrn Tübke als Künstler hoch schätzt. Allein dieses insidermäßige Namedropping, mit weiter nichts als mit „Ewigkeitsahnung“ begründet, ist ziemlich unerträglich. Nebenbei werden dann noch Picasso und van Gogh als Verbrecher denunziert, und spätestens hier dürfte sich der Leser, der nicht über die spezielle Thiele’sche „Ewigkeitsahnung“ verfügt, mit leichtem Grausen abwenden.

Dabei ist die Grundthese des Textes durchaus bedenkenswert, nämlich die Vermutung, dass die Beschäftigung mit der „Sinnfrage“ eine eigentümliche Faszination ausübt, die auch dann erhalten bleibt, wenn viele der präsentierten Antworten sich als irrig oder unakzeptabel erweisen. Mag sein, dass es ein Verdienst des DDR-Systems gewesen ist, die Sensibilität für die „Sinnfrage“ wachgehalten zu haben. Aber es ist trotzdem reichlich kurzschlüssig, Massaker in westlichen Schulen durch „an der virtuellen Solipsismusmaschine gedrillte“ Kinder gegen dieses „Verdienst“ der DDR aufrechnen zu wollen. Der Satz „In der DDR“ (oder: „Unter Adolf“) „hätte es so was nicht gegeben!“ ist auch dann ein dummes „Argument“, wenn er gekonnt verpackt daherkommt. WINFRIED SCHUMACHER, Köln

■ betr.: „Vorbei und nicht vergessen“

Neugier geweckt

Im Hinblick auf die von Ihnen genannten Dichter wäre es ja wenigstens etwas hilfreich, Sie hätten auch mitgeteilt, warum Sie auf deren Dichtungen nicht verzichten möchten. Das ließe sich doch redlicherweise anhand von Werkhinweisen und zumindest thesenhaften Begründungen, bei aller gebotenen Kürze, bewerkstelligen. Auch zu den Verbrechen, deren Sie Picasso und van Gogh bezichtigen, gehören Begründungen. Wenn die DDR, wie Sie schreiben, die Zwänge zur Bewusstheit und zum Sinn schuf, somit für jene schwere Luft sorgte, in der Jahrhundertgenies wie Hacks, Müller, Matusche oder Berg – möchten Sie nicht Arendt und Bobrowski in Ihre höchst begrüßenwerte Auswahl aufnehmen – frei atmeten, dann hätte ich auch gerne etwas über diese Genies erfahren bzw. über das, was ihr Atem bewegte oder noch immer bewegen kann. Jedenfalls weckt Ihr Text die Neugier auf Ihre Begründungen, möglicherweise als produktiver Anreiz, gewisse Werke wieder oder überhaupt erst zu lesen. BORIS MICHAEL GRUHL, Dresden

■ betr.: „Boxenstopp beendet“ , taz zwei vom 31. 7. 09

Es fehlt an Augenmaß

Kompliment an die gelebte journalistische Freiheit, aber diese Euphorie eines Boxenluden ist peinlich für die taz.

„Zeohzwei“ sei dabei als fein dosierter Sprachpiekser an die „aufgeklärten und vernagelten Alternativkreise“ voller Respekt anerkannt, aber das „Woanders iss noch viel schlimmer“ ist unsäglich. Hier fehlt es an Augenmaß für unsere wirklich anstehenden Probleme. Dass BMW sich strategisch aus der Formel 1 zurückzieht, um das Geld in die Entwicklung moderner Autokonzepte zu stecken, davon stand in der taz bisher nichts. Kollegen Roth wünscht man: kreischende Kolbenfresser in lustigen Burn-out-Shows mit F1-Fans am Ring. MARCUS IHLE, Hamburg

■ betr.: „Boxenstopp beendet“

Ein Anfang ist gemacht

Na endlich ist Schumi wieder da, und schon könnt ihr mal wieder was über die Formel 1 schreiben. Der Anfang ist Wahrheit, danach wird’s Sulz. Aber egal, ein Anfang ist gemacht. Nach vielen drögen Seiten Fußball und dem Glibbersport Schwimmen endlich wieder was Gescheites. Bitte sofort zur Rubrik machen. HUBERT SCHMIDT