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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Selbstherrliche Forderung

■ betr.: „Eine Umfrage wird zum Spielball“, taz vom 2. 3. 12

Ich frage mich, wieso Integration und „eigene Herkunftskultur“ hier als ausschließliche Gegensätze dargestellt werden. Hängen wir immer noch der selbstherrlichen Forderung nach vollständiger Assimilation und kompletter Selbstaufgabe von Identität und Tradition an, um dann hinterher das Versprechen nach gleichwertiger Mitgliedschaft nicht einmal einzuhalten?

Unsere Gesellschaft versucht sich weiter an der schizophrenen Gratwanderung zwischen liberalen Werten und xenophober Ablehnung der „Anderen“, und das bei fortschreitender sozialökonomischer Desintegration auch innerhalb der weißen Mehrheitsgesellschaft. Zeit, sich an die eigene Nase zu fassen und aufzuhören, ständig auf diesem diffusen Kulturbegriff herumzuhacken und die wahrscheinlicheren Gründe für Konflikt und Angst zu benennen: das permanente mediale Anfeuern von Stereotypen sowie politisch forcierte Ungleichheit, Perspektivlosigkeit und die damit geschürte Konkurrenzangst und Ellenbogenmentalität zwischen unterprivilegierten ■ Schichten. CLAUDIUS MAIER, Villingen-Schwenningen

Sehr beschränkte Autonomie

betr.: „Israels Armee zerstört Fernsehsender“, taz vom 2. 3. 12

Bei tatsächlicher „voller Souveränität“, die laut Susanne Knaul in Zone A (städtische Gebiete) im Westjordanland herrscht, wäre es nicht möglich, dass die israelische Armee einfach einmarschiert, wann immer sie das für richtig hält und wie jetzt geschehen Büros und Einrichtung von Fernsehsendern verwüstet. Es handelt sich eben auch in Zone A nur um eine sehr beschränkte Autonomie, abgesehen von Zone B mit noch weniger Autonomie und Zone C, die 62 Prozent des Westjordanlands umfasst und unter voller Kontrolle der israelischen Armee steht. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Da freuen sich Kinder und Enkel

■ betr.: „Davon geht die Sonne nicht unter“, taz vom 1. 3. 12

Der Kommentar von Manuel Berkel ist unterirdisch. Ich habe ihn dreimal gelesen und mich gefragt, ob das jetzt böse Ironie oder bitterer Ernst sein soll: „In Deutschland steht bereits ein Viertel aller Solaranlagen, die für eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nötig sind. Diese Rundum-Öko-Welt erwarten Experten erst für 2050. Es bleiben also noch vierzig Jahre, um die restlichen Solarmodule aufzustellen – mehr als genug Zeit.“ Diese Sätze gehören eindeutig auf der Wahrheit-Seite verarbeitet.

Vielleicht hat Manuel Berkel ähnlich wegweisende Ratschläge für das Aufstellen von Windrädern, das Dämmen von Häusern, das Austauschen von Energiefressern usw. Wie beruhigend für unsere Handwerker und Installateure, dass sie die Aufträge, die sie jetzt verlieren, in den nächsten 40 Jahren ja doch noch bekommen. Da freuen sich doch die Kinder und Enkel.

Ein solcher Kommentar in der taz – man fasst es nicht …

FRANZ KAHLE, Bürgermeister, Universitätsstadt Marburg

Sauber ausblenden

■ betr.: „Davon geht die Sonne nicht unter“, taz vom 1. 3. 12

Sauber ausblenden, das ist das Motto des Kommentars. Über die Motive kann man nur spekulieren.

Ist doch schön, dass Schwarz-Gelb den Stromkunden nicht so sehr mit der EEG-Umlage belasten will, nachdem es dafür gesorgt hat, dass nur noch Privat- und kleine Gewerbekunden überhaupt zahlen (ursprünglich zahlten alle Stromkunden). Und für einen Wegwerfartikel wie eine Photovoltaikanlage sollte man natürlich minderwertiges Material nehmen, keine teureren Edelstahlgestelle …

KILIAN BECKER, Wegschei

Keine Ohrfeige für Sarkozy?

■ betr.: „Ich bin eine gute Deutsche“, taz vom 2. 3. 12

Wenn Frau Klarsfeld Herrn Sarkozy, der Roma aus seinem Land verjagt, für wählbar hält, weil er beste Beziehungen zu Israel unterhält, dann zeigt dies doch, dass eine „Heldentat“ noch keine souveräne Bundespräsidentin macht. DIRK STILKE, Heide

Friedlich nach Syrien gehen

■ betr.: „Selbstgespräch eines Zornigen“, taz vom 3. 3. 12

„Selbstgespräch eines Zornigen“ von Rafik Schami ist einer der besten und bewegendsten Texte der vergangenen Jahre. Wir benötigen Ehrlichkeit und Empathie im Journalismus und in der Politik. Vielleicht sollten wir gemeinsam mit Tausenden Menschen aus vielen Ländern friedlich nach Syrien gehen – mit der einzigen Absicht, Mord und Folter zu beenden. ANDREA ZELLE, Lübbecke