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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Arme Sauen

■ betr.: „Wir sind kein Streichelzoo“, taz vom 14. 8. 2009

Natürlich gibt es in der Schweinehaltung und Schweinemast auch riesige Mastfabriken, aber die Mehrheit der Betriebe und deren Produktion in Deutschland sieht bisher anders aus. Noch im Jahr 2007 machten die Betriebe mit 100 bis 999 Schweinen 27,4 Prozent gegenüber den Betrieben ab 1.000 mit 7,8 Prozent aus. Zudem sind auch länderspezifische Unterschiede in der Produktion vorhanden. Im Süden der Republik sind die Strukturen kleiner und ein Durchschnittsbetrieb in Baden-Württemberg hat 175 Schweine (Betriebe: 12.763, Bestand: 2.238.322 Schweine). Meist sind das Familienbetriebe, die ihre Tiere nach allen Tierschutz- und Umweltkriterien mästen und versorgen. Da ist keine Rede von Agrarfabriken, sondern von Familienunternehmen.

Insgesamt darf man nicht vergessen, der Verbraucher hat es in der Hand. Geiz ist vor allem bei Lebensmitteln geil! Die werden billiger und billiger. Natürlich muss da der Fleischpreis mitziehen, sonst bleibt das Schnitzel an der Metzgertheke liegen. Gute Qualität hat ihren Preis, ansonsten wird bis zu einer Agrarfabrik durchrationalisiert. Diesen Preis zahlen dann die armen Sauen! Dem Verbraucher ist das wie immer egal. ARIANE AMSTUTZ, Stuttgart

Science-Fiction-Religion

■ betr.: „Keine Hilfen gegen Islamismus“, taz vom 11. 8. 09

Ihr schreibt heute auf der Titelseite: „Eltern, deren Kinder zu christlichen Sekten wie Scientology abdriften, erhalten Hilfe und Beratung“. Scientology ist aber keine christliche Sekte.Bei aller Kritik an den christlichen Kirchen: Die Botschaften Ron L. Hubbards haben mit dem Evangelium wirklich rein gar nichts zu tun, wohl aber viel mit Science-Fiction der schmierigsten Sorte. SÖREN KÖPKE, Hannover

Straftat Mobbing

■ betr.: „Brandmal Mobbing“, taz vom 15./16. 8. 09

Bei diesem Thema wünsche ich mir eine deutlichere Sprache. Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die Gewaltbereitschaft und kriminelle Energie voraussetzt. Da die Straftäter auf juristischem Weg nicht zur Verantwortung gezogen werden, bleiben zwei Dinge:

Erstens: Die Erkenntnis, dass sachlich gesehen nicht die Gemobbten an ihrem Selbstwertgefühl zweifeln müssen, sondern die Mobber und ihre (aktiven und passiven) Mitläufer. Mit jeder Diskriminierung, Lüge oder sonstigen niveaulosen Aktion verhalten sie sich selbst gegenüber unwürdig. Damit können nur unreflektierte Möchtegerne gut leben.

Zweitens: die gesellschaftliche Ächtung. Das ist so lange schwierig, als destruktive Arbeitsethik und Karrierestreben höher bewertet werden als Zivilcourage und sozial verantwortliches Handeln.

Schade, dass sich die Gemobbten nicht so gut solidarisieren wie die Mobber. Gemeinsam könnten sie vielleicht viel bewegen. Gute Anregungen bietet das Whistleblower-Netzwerk, das sich für Transparenz von Missständen und eine Kultur der Zivilcourage einsetzt (www.whistleblower-netzwerk.de). SUSANNE BAUMSTARK, Berlin

Seine Schuldigkeit getan

■ betr.: „Thüringen-CDU zeigt NPD an“, taz vom 13. 8. 09

Jetzt macht die CDU Thüringen einen Rückzieher, indem die Plakate mit ihrem Wahlhelfer Zeca Schall überklebt werden. Auch wenn es geplant war, dass eine weitere Plakataktion folgt, hätte man aus Protest die mit Zeca Schall hängen lassen müssen. Aber nein, der CDU war das wohl dann doch peinlich, einen „Schwarzen“ auf ihren Plakaten. Des Weiteren müsste die CDU, um politische Realitäten abzubilden, eher türkische/arabische, vietnamesische oder balkanstämmige Menschen in die erste Reihe holen. Denn die stellen den Großteil der „Ausländer“ im Land.

Wäre der CDU wirklich an der Etablierung von Schall als Funktionsträger gelegen gewesen, hätte sie ihn schon eher aus dem politischen Hut zaubern müssen (um ihn ins Tagesgeschäft zu bringen und den Exotenstatus zu entschärfen), hätte eine Form von Re-education beim eigenen Wahlvolk in die Wege leiten und Thüringen auch politisch und verwaltungstechnisch „ausländerfreundlicher“ gestalten müssen. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.“ Genau das hat er: Die CDU hat ein bisschen auf Gutmensch (wir haben auch „Ausländer“ im Team) gemacht, die Unterstützung für den Betroffenen kam aus allen Richtungen. Nun reicht’s aber auch, sagen sich die CDUler. RENE WEISS, Erfurt

Kultige Verräterbrause

■ betr.: „Mit Bedeutung versetzte Brause“, taz vom 15./16. 8. 09

Vielleicht ist es die Tragik jeder Avantgarde: Schlechter wird eine gute Idee ja keineswegs, nur weil sie im Mainstream angekommen ist (obwohl das allen Rebellen irgendwann vorgeworfen wird, zum Beispiel den Grünen) – aber unorigineller und zudem verdächtig. Zusammen mit einer unklugen Preis- und Imagepolitik scheint mir als Bartender und „Kräuter“-Fan der Ruf „Bionade = Verräterbrause“ da leider längst vollzogen. Und Steinmeier hat ja Recht damit, dass Bionade „Kult ist“: Bekanntlich ist „Kult“ inzwischen das tödlichste Synonym für „unmöglich“. MARTIN HAGEMEYER, Wuppertal