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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Frauenfeindlicher Mainstream

■ betr.: „Dirty Larry“, taz vom 26. 5. 12

So etwas möchte ich niemals in der taz sehen! Eine eingeschnürte Frau, deren Kopf man nicht, dafür aber die Schamhaare sieht, eingeschnürt als Paket, auf die ein Junge mit seinem Penis und einer Pistole zielt. Da hat niemand einfach mit der Kamera „draufgehalten“, wie es im Text heißt. Das Bild ist gestellt und die Kamera hat immer einen gewählten Winkel und bildet nicht einfach Vorhandenes ab. „Shocking“ und darauf stolz sein? „Radikaler Realismus“? „Kamera nah am Leben“? Das schreckliche Bild in der taz jedenfalls ist einfach nur frauenfeindlich gestellter Mainstream. Der Text dazu eine unsägliche Lobhudelei, in der alle Kritik aus der „heilen Apfelkuchenwelt“ kommt, also vom Autor nicht ernst zu nehmen ist. Das ist so weit hinter dem Stand der Diskussion zurück! Bitte, nie wieder so etwas! KATHARINA MORIK, Köln

Stammtischsexismus

■ betr.: „verboten“, „gurke des tages“, taz vom 24. 5. 12

Beim heutigen „verboten“ handelt es sich nicht um Satire, sondern um (wie leider häufig in der letzten Zeit) patriarchalische Pubertätsergüsse. Dasselbe in der „Gurke des Tages“, wo Katharina Schwabedissen als „Bitch“ diffamiert wird. Könnten Sie Derartiges bitte endlich mal sein lassen? Kann ich als weibliche Abonnentin keinen Respekt erwarten? Verstehen Sie diese Art Zusammenhänge, oder geht das völlig an Ihnen vorbei? Was muss ich tun, damit ich solchen Stammtischsexismus in Zukunft nicht mehr in meiner Zeitung gedruckt sehen muss? MARION GNUSCHKE, Kassel

Hauptsache die Location stimmt

■ betr.: „Zwischen Heuchelei und Anteilnahme“, taz vom 25. 5. 12

Die wochenlangen Debatten hatten etwas Bizarres: Während die einen eine Grundsatzdiskussion anzettelten, nach der jedes Land mit Verachtung zu strafen sei, in der die politische Opposition nicht die Regierung so folgenlos kritisieren darf wie bei uns, sprachen die anderen vom Recht auf geile Partys, die nun mal per se nichts mit Politik zu tun hätten. Dabei hätte es vorrangig um eines gehen müssen: Mein Spaß an so einer Fete darf nicht zulasten gehen von 100.000 Menschen, die dafür vertrieben und die mit Entschädigungsversprechen auf Extremste verarscht und betrogen wurden.

Dass dies den AnhängerInnen offensichtlich egal ist, macht deutlich, wie sehr deren Genusssucht zur Deformation Menschen-gemäßen Mitgefühls geführt hat. Das wurde auch am Ende deutlich: Als die Siegerin feststand und auf einem endlos langen Weg durch die Zuschauenden zur Bühne geführt wurde, war gut zu sehen, dass die anwesenden Gäste in ihren eigenen „Fankurven“ sich nur um sich selbst kümmerten. Es ist solchen Menschen auch völlig egal, ob der ESC in Baku, in Cannes, auf dem Ballermann oder im Mekongdelta stattfindet. Hauptsache das Wetter stimmt und die „Location“ bietet Komfort und größenwahnsinniges Ambiente. Eine Diskussion über Menschenrechte in Aserbaidschan zu führen, war von daher völlig daneben. Aber Menschen wie wilde Tiere zu entfernen und mutwillig ihrem Schicksal zu überlassen, nur um drei Tage Party zu machen, das ist das Allerletzte. DETLEF KLEINE, Frielendorf

Besserwisser und Wadenbeißer

■ betr.: „Deutschlands Scham“, taz vom 29. 5. 12

Es ist, als ob ihr euch die Debatte herbeiwünscht, und da sie auf sich warten lässt, selber eine initiieren müsst, weshalb ihr den Erguss von Uli Hannemann druckt. Das nehme ich euch jetzt wirklich übel. Es ist geradezu eine Gemeinheit, Grass Worte in den Mund zu legen wie: „Dem Künstler neidig wie ein Jude, der saubere Christenmenschen sieht, so will er ihn zerstören.“ Wollt ihr eine schöne neue Antisemitismusdebatte?! Die letzte hattet noch nicht einmal sauber aufgearbeitet, eure eigenen Stellungnahmen zu Kriegsgefahr, Israel, Palästina, Iran, Syrien, Libyen bleiben schwammig, wolkig, inkonsequent. Man kann Grass mögen oder auch nicht, dies hat er nicht verdient. Ihm so etwas jetzt zu unterstellen – und ich bin erst nach einer Weile darauf gekommen, dass es eigentlich auf die taz-Wahrheit-Seite gehört, ja ich habe mich erst mal gehörig über Grass geärgert, obwohl dieser nichts dafür kann. Mit Humor und Ironie hat das nicht mehr viel zu tun. Eher mit Rufmord.

Einer ehrlichen Debatte weicht ihr immer mehr aus, produziert euch als Besserwisser und Wadenbeißer. Zeitweise stimmt ihr ein in den Kanon der Kriegsvorbereiter (Libyen, Syrien …). Bekennt euch klarer zu Frieden und nichtmilitärischen, politischen Lösungen. Klärt besser über die Hintergründe auf, über die Waffengeschäfte Deutschlands mit Israel beispielsweise … Bringt Fakten statt Spekulationen und Unterstellungen!! WOLFRAM ROGER, Bremen

Kretschmann könnte …

■ betr.: „Kopf oben, Bahnhof unten“, taz vom 23. 5. 12

Winfried Kretschmann und Winfried Hermann hätten alles in ihrer Macht Stehende getan, um Stuttgart 21 zu beenden, schreibt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer in seinem Beitrag. Wenn das stimmt, warum hat Kretschmann dann nicht gegen die nach Ansicht vieler Juristen verfassungswidrige Mischfinanzierung geklagt, ohne die das wacklige Finanzgebäude von Stuttgart 21 sofort zusammenbrechen würde? Kretschmann als Ministerpräsident hätte dagegen klagen können und kann das immer noch, der Normalbürger hat diese große Chance nicht. STEPHAN HOFFMANN, Stuttgart