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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Das war ein Megabluff

■ betr.: „Europa vielleicht gerettet“, taz.de vom 17. 6. 12

Es wäre gut für Griechenland gewesen, hätte Tsipras (Syriza) die Wahl gewonnen. Es würde zumindest mal frischer Wind in diesem Land wehen, und mit Kraft und neuen Ideen könnte er es eventuell schaffen, das Land wieder hochzubekommen. Die beiden anderen Parteien sind seit über 30 Jahren an der Macht. Immer schön abwechselnd waren es die Premiers Karamanlis und Papandreou. Diese beiden Clans haben immer ihre Macht vererbt.

Tsipras kam von alleine nach oben, mit revolutionären Ideen. Das, was uns hier die ganze Zeit erzählt wurde, dass er die Schulden nicht zurückzahlen wollte, stimmt so nicht. Er hat in etwa das gleiche Programm wie Hollande aus Frankreich. Doch für die EU war er der Unbequeme, er ließ sich wohl nicht kaufen und beeinflussen. Dafür haben sich die Griechen aber beeinflussen lassen und einige sind umgeschwenkt und haben wieder die alten Parteien gewählt.

Immer wurde uns hier in Deutschland erzählt, wenn der böse Tsipras an die Macht kommt, dann fliegen die Griechen aus der Eurozone bzw. sie verlieren den Euro. Das war absoluter Quatsch, denn ein Verlassen der Eurozone kann nur das betreffende Land selbst entscheiden. Das war ein Megabluff für das normale Volk und sie haben es schön geglaubt. Ich koche vor Wut.

Und nun: Jetzt haben sie die gleiche Regierung, wie all die Jahre vorher, diese beiden Parteien, Pasok und ND haben doch das Land in den Dreck gefahren. Die beiden Wahlen hätten sie sich sparen können, das dafür benötigte Geld sowieso gleich mit. MARIA MEISER, Hamburg

Gegen Wortzensur

■ betr.: „Normen, überall Normen“, taz vom 16. 6. 12

Ebenso wie die Autorin des Artikels stolpere ich über historisch belegte Begriffe, wenn zum Beispiel wie hier dargestellt der Begriff „Neger“ in problematischer Weise in der Literatur auftaucht. Dankenswerterweise hat Frau Stokowski in ihrer Kritik den Diskurs hierüber eröffnet. Ich finde es jedoch problematisch, wenn Frau Stokowski im Namen der „Political Correctness“ dafür plädiert, historisch schwierige Begriffe einfach nicht mehr zu benutzen, sie somit quasi zu tabuisieren. Mir hätte es angebrachter erschienen, auf die historischen Kontexte hinzuweisen, die uns in aller Literatur begegnen, auch der absolut zeitgenössischen.

Der Begriff Negro war zur Zeit von Jane Bowles bis Mitte der 1960er Jahre durchaus auch in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung geläufig und gefordert. Erst im Verlaufe weiterer politischer, sozialer und wissenschaftlicher Entwicklungen wurde er weiter problematisiert und schließlich gegen andere Begriffe ausgetauscht. Die wörtliche deutsche Übersetzung, der Begriff „Neger“, ist aufgrund unserer eigenen deutschen Geschichte anders konnotiert als das „amerikanische Original“ Negro. Folgerichtig wäre daher die Forderung nach einer kritisch kommentierten Übersetzung, in der – für welchen Begriff auch immer sich die Übersetzerin entscheidet – der historische und politische Kontext des Begriffes sowohl für das Original wie für die Übersetzung geklärt wird. Dies würde die Leser_innen in ihrem kulturellen und politischen Bewusstsein weiterbringen, nicht aber eine Wortzensur. HELGE HAACK, Berlin

Nothin’ but a good time!

■ betr.: „Rock of Ages“, taz vom 14. 6. 12

Sie haben weder den Film noch die Geschichte des Films verstanden. Dieser Film ist allein aufgrund seiner Musik schon großartig. Die Schauspieler singen alle Songs selbst. Ein Tom Cruise war sich nicht zu schade, jeden Tag fünf Stunden Gesangsunterricht zu nehmen – nur für diese Rolle – und noch mehr Stunden im Body Building Center draufgehen zu lassen, damit sein Sixpack aufgearbeitet wird.

Der Film spielt gegen Ende der 80er Jahre. Dort war alles schrill, die Musik war laut und die Rockbands hatten lange Haare und feierten die wildesten Orgien und Partys. Der Film gibt wunderbar wieder, worum es beim Rock geht: Nothin’ but a good time! Nichts weiter als eine gute Zeit. Jeder, der eine Zeitreise in die wilden 80er machen will und sich auf die Musik einlassen kann, der wird genau das haben, eine verdammt gute Zeit.

FRANK QUEISSER, Mülheim an der Ruhr

Dummdreist und windig

■ betr.: „Sondersitzung zur Teppich-Affäre“, taz vom 16. 6. 12

Ob steuerpflichtig oder nicht: Das dummdreiste und dann windige Verhalten unseres Entwicklungshilfeministers Dirk Niebel bestärkt auch wieder einmal den sich aufdrängenden Verdacht, dass der windelweiche Umgang mit unseren Steuerflüchtlingen gewählt wurde, weil ein großer Teil unserer politischen „Elite“ selbst Schwarzgeldkonten zum Beispiel in der Schweiz hat.

Griechenland wurden typischerweise Enthüllungsdisketten erst gar nicht angeboten, das heißt, die Plünderung des Staatswesens ist dort in einem derartigen Ausmaß gang und gäbe, dass Streiter für Recht und Ordnung einfach nicht mehr vorhanden sind.

Aber auch die an sich integre Angela Merkel in Deutschland greift diesbezüglich nicht durch, was nicht wundert, würde sie doch ansonsten beruflich noch mehr vereinsamen.

Viel wichtiger in Bezug auf Niebels Amt ist aber eine ganz andere Frage: Welche seiner Projekte schaden – wie zum Beispiel die Einführung profitablerer Ledergerbverfahren in Indien für die deutsche Schuhindustrie – auf dramatische Weise Umwelt und der Gesundheit der Menschen vor Ort? ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt