LESERINNENBRIEFE :
Garderobe zum Wohlfühlen
■ betr.: „Frau mit Körperpanzer“, taz vom 26. 9. 09
Margreth Lünenborg kritisiert bei Angela Merkel „Geschlechtsneutralität“ und eine „Weiblichkeitsvermeidungsstrategie“. Was hätte Merkel denn anders machen sollen, um sich „explizit als Frau zu kennzeichnen“? Lange Haare, kurze Röcke und Stöckelschuhe tragen? Nicht nur unter machtsymbolischen Gesichtspunkten ist eine solchermaßen „weibliche“ Staffage hinderlich. Oder hätte sie ein Kind kriegen sollen? Dass Frau Lünenborg in der Ära Merkel keinen „emanzipatorischen Fortschritt erkennen“ kann, ist mir unverständlich. Merkel hat mit Ursula von der Leyen eine energische Frau zur Familienministerin gemacht und damit endlich die überfällige Umsteuerung in Sachen frühkindliche Bildung und Betreuung in Gang gesetzt – meines Erachtens ein ganz wesentlicher gesellschafts- und frauenpolitischer Fortschritt.
Die Erkenntnis der Genderforschung, dass Geschlechter soziale Konstrukte sind, „Weiblichkeit“ in einem komplementär-hierarchischen, das heißt: Unterordnungsverhältnis zu „Männlichkeit“ gedacht und hergestellt wird, verbietet eigentlich den unreflektierten Gebrauch dieser Begriffe. Davon abgesehen: Könnte es einfach sein, dass Angela Merkel so, wie sie sich gibt und kleidet, wohl fühlt? Ihre Hosenanzüge erlauben in einem sehr fordernden Alltag weitgehende körperliche Bewegungsfreiheit, nicht nur beim Abschreiten von Ehrenkompanien. Bewegungsfreiheit und körperliche Ungebundenheit bei Frauen sind eine noch recht junge emanzipatorische Errungenschaft. Die tief ausgeschnittene Abendrobe hebt sich Frau Merkel vernünftigerweise für die Oper auf. CLAUDIA PINL, Köln
Rollenverteilung ändern
■ betr.: „Frauenfeindliche Öffnungszeiten“, taz vom 25. 9. 09
Die Schlagzeile „Frauenfeindliche Öffnungszeiten“ bei einem Artikel, der sich (u. a.) mit KiTa-Öffnungszeiten beschäftigt, transportiert unterschwellig die Botschaft, dass KiTas und Erziehung offenbar Frauensache wäre. Ansonsten müsste doch wohl die Schlagzeile eher „Familienfeindliche Öffnungszeiten“ oder „Kinderfeindliche Öffnungszeiten“ heißen. Sicher treffen die ungünstigen Öffnungszeiten zurzeit de facto eher Frauen als Männer, aber wenn wir diese Rollenverteilung ändern möchten, müssen wir darauf achten, dass wir dieses Rollenbild nicht noch durch fehlerhafte Schlagzeilen wie diese unterstützen. CHRISTOF HANKE
Misstrauen nicht unbegründet
■ betr.: „Schäubles Horrorliste“, taz vom 26. 9. 09
Schade, dass die Vorstellungen des Innenministers und seiner Untergebenen erst so knapp vor der Wahl bekannt wurden. Natürlich ist bekannt, dass Schäuble die Bundeswehr im Inland einsetzen will; dass er auch vor Präventivlagern (was auch immer das sein soll) nicht zurückschreckt, ist ja bekannt. Mir drängt sich der Eindruck auf, nicht erst seit den Arbeitsmarktreformen, dass man wieder zurückwill in das Jahr 1933. Hier zeigt sich, dass Misstrauen gegenüber der CDU und Teilen ihrer braunen Vergangenheit nicht unbegründet ist. MARION MANNECK, Essen
Die Mühe der Entscheidung
■ betr.: „Was wählen wir“, tazzwei vom 25. 9. 09
Noch beim Frühstück dachte ich über die Medien im Wahlkampf nach und überlegte, warum ein Medienkonsument sich die Mühe der Entscheidung machen soll, wenn es die Medien selber mit ihrem enormen Informationsvorsprung nicht tun? Es ist klar, nicht jeder benötigt neben dem Informationsgehalt der Medien auch noch deren Meinung, aber es motiviert, wenn Redakteure sich die Mühe machen, ihre Entscheidungen zu kommentieren. ELIAS ELSLER, Passau