LESERINNENBRIEFE :
Faire Arbeitsbedingungen
■ betr.: „Rüde Pionierarbeit“, taz vom 14. 10. 09
Tatsache ist: Auch der faire Handel bleibt nicht verschont von partiellen Fehlentwicklungen, die in krassem Widerspruch zum Sinn der Sache stehen und eine Beleidigung sind für alle, die mit ihrem ehrenamtlichen oder professionellen Engagement für viele Menschen dieser Erde Hilfe zu einem selbstbestimmten Leben leisten. Als ehrenamtliche Mitarbeiterin eines (erfolgreichen, modernen) Weltladens bin ich froh, dass Sie die Zustände bei Contigo Fair Trade öffentlich machen – wobei ich davon ausgehe, dass der Bericht den Tatsachen entspricht. Hobbypilot Ingo Herbst disqualifiziert sich selbst mit seiner Aussage vom „kuscheligen Nest“. Es gehört allerdings angemerkt, das Contigo-Läden keine Weltläden sind, beide haben unterschiedliche Konzepte.
Tatsache ist aber auch, dass die „Lateinamerika-Soliszene“ in der Fairhandelsbewegung längst out ist. Es gibt sie, die Weltläden der Zukunft: mit attraktivem Warenangebot bis hin zu ökofairer, hochmodischer Bekleidung, moderner Ladengestaltung, Mitarbeitern mit regulären Arbeitsverträgen und vielen ehrenamtlich Tätigen. Fair handeln, das kann sich nicht nur auf den Umgang mit unseren Partnern in den Ländern des Südens beziehen, sondern muss sich ebenso auf unser Tun im eigenen Umfeld auswirken. Nur so sind wir glaubwürdig.
Wer ehrenamtlich tätig sein kann, dessen Lebensunterhalt ist anderweitig gesichert, er (oder meistens sie), kann sich das leisten. Alle anderen müssen faire Arbeitsbedingungen haben. Es ist zynisch, vorgeblich die Ungerechtigkeit der Welt zu bekämpfen mit Ungerechtigkeit im eigenen Umfeld. ERIKA SCHMID, Backnang
Arbeitsgesetze ernst nehmen
■ betr.: „Rüde Pionierarbeit“, taz vom 14. 10. 09
Man muss Verständnis haben für die drei entlassenen Frauen in Bremen, die nicht nur „freigesetzt“ wurden, wie man so schön sagt, sondern – ausgesprochen oder nicht – mit inhaltlicher Begründung gekündigt wurden. Und es ist auch gut und recht, dass sich die Gewerkschaft um ihr Anliegen kümmert. Nur muss man nicht gleich mit soviel Polemik über Herrn Herbst und den fairen Handel herfallen.
Ich wehre mich als Mitarbeiter in einem Weltladen gegen den Vergleich mit einer Besetzerkneipe. Und zu fragen ist, ob die Kompetenz einer Gewerkschaft, die sich als Interessenvertretung der hiesigen Arbeitnehmer verstehen muss, ausreicht, um den fairen Handel in seinen verschiedenen Dimensionen zu bewerten. Seit mehr als 30 Jahren wird hier mit Erfolg eine viel weiter gehende Solidarität mit Kleinbauern in Afrika, Asien und Lateinamerika praktiziert, um die Ungerechtigkeiten unseres Weltwirtschaftssystems wenigstens punktuell auszugleichen.
Fundament des fairen Handels ist bis zum heutigen Tage ehrenamtliches Engagement. Bezahlte Arbeitskräfte sind dazugekommen, weil anders die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen wären. Weltläden sind zu Arbeitgebern geworden, ohne deren Machtbewusstsein anzunehmen. In Hunderten von Gruppen und Läden musste Fairness auf dieser Ebene durchdacht, müssen Aufgaben verteilt und Stellenbeschreibungen erstellt werden. Klar, dass die Weltläden dabei auch Arbeitsgesetze ernst nehmen. Wie es sich im angesprochenen Fall von Contigo verhält, wird ja ein Gericht klären.
HEINZ KUNZ, Bietigheim-Bissingen
Jagd bringt Geld
■ betr.: „Massenjagd auf Buchfinken und Kernbeißer“,taz vom 19. 10. 09
Leider ist Italien samt Berlusconi zwar der Gipfel an Unverschämtheit und Mordlust, aber Malta, Zypern, Spanien, auch Frankreich sowie alle östlichen EU-Länder machen fleißig mit. Arten- und Tierschutz, wen interessiert’s? In der Realität schert sich eine Minderheit um Umwelt, Klima, Tiere, Ethik, Soziales usw. Jagd bringt Geld (und Wählerstimmen). ELISABETH RICHTER, Brunn