LESERINNENBRIEFE :
Seltsame Christen
■ betr.: „Kardinal Meisner entschuldigt sich“, taz vom 23. 1. 13
Es bleibt sonderbar, warum für die katholische Kirche die Pille danach als Form der Abtreibung abzulehnen ist und Ärzte, die diese verschreiben, in den katholischen Krankenhäusern mit Sanktionen rechnen müssen, man aber im Kampf gegen Kindesmissbrauch, Gewalt gegen Kinder, Verwahrlosung von Kindern, Hunger von Kindern und Krieg, unter dem Kinder besonders leiden, so wenig hört von den Kirchen. Die gleiche Emotion und der gleiche Einsatz gegen das Leid von Kindern wie gegen Abtreibung, Homoehe oder Adoptionsrecht von Homosexuellen: darauf wartet man leider vergebens. Sonderbar, wo bei konservativen Christen die Schwerpunkte der christlichen Werte liegen! MARKUS MEISTER, Kassel
Krieg ist Krieg!
■ betr.: „Eine riesige Wüste“, taz vom 19. 1. 13
Ilona Eveleens beginnt ihren Artikel zum Mali-Einsatz Frankreichs so: „Geschmeidig berühren die 24 Räder des riesigen Antonow-Transportflugzeugs den Asphalt der Landebahn…“ Und diese stillose Schreibe einer typischen Spiegel-Norm-Reportage kippt eure Autorin weiter über dieses Kriegsthema aus. Oh Mann, Frau, Mensch! Krieg ist Krieg!
Ich erwarte von der taz und ihren AutorInnen, dass sie sich bewusst an der schleichenden sprachlichen Ästhetisierung eines Krieges nicht beteiligt! ROLAND MILLER, Stuttgart
Zivile Lösungen sind effektiver
■ betr.: „Dienst an der Waffe bleibt Pflicht“, taz vom 22. 1. 13
Welch ein Blödsinn, den Wehrdienst wegen Zivildienst aufrechtzuerhalten! Schon rein wirtschaftlich kann sich Zwangs-Zivildienst nicht lohnen: Menschen zu einer ungelernten Tätigkeit zu zwingen, während sie sich aufgrund ihrer Fähigkeiten, Interessen und Ausbildung (wenn auch später) viel effektiver in der Gesellschaft einbringen können. Zwangsarbeit bleibt Zwangsarbeit – egal, ob man beschränkte Auswahlmöglichkeiten hat.
Natürlich kann man als junger Mensch im Zivildienst wichtige Erfahrungen sammeln. Mit der gleichen Begründung kann man aber ebenso Leute zeitweise in Einzelhaft sperren: Die Erfahrung, sich zeitweise geistig mal nur mit sich selbst beschäftigen zu müssen, soll ja auch ganz gesund sein. Eine demokratische, die Menschenwürde achtende Gesellschaft lässt aber ihre Menschen selbst entscheiden, welche Erfahrungen sie machen wollen.
Wenn Österreich zu blöde ist, das Gesundheitssystem vernünftig zu betreiben, dann bitte nicht über Wehr- und Zivildienst. Wirklich zivile Lösungen sind da effektiver. RAINER SONNTAG, Essen
Neoliberalismus hat gewonnen
■ betr.: „Endlich: Lagerwahlkampf“, taz vom 22. 1. 13
Eine hauchdünne Mehrheit für Rot-Grün: Auftakt zur großen Wende? Eigentlicher Wahlgewinner ist doch aufs Neue der Neoliberalismus! Mindestens 92 Prozent der Niedersachsen, die zur Wahl gegangen sind, haben diesem Wirtschafts- und Lebenskonzept ihr Ja-Wort erteilt. Ein bisschen mehr Mindestlohn hier, ein paar Quadratzentimeter mehr in der Schweinefabrik dort; der große Wandel ist kaum zu erwarten. Krise? „Wo ist die denn?“ Große Transformation? „Was ist das denn?“ „Hauptsache, meine persönlichen Interessen sind vertreten!“
Weiter und ganzheitlich Denkende verbergen sich unter den 7,8 Prozent Wählern, deren Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, oder im ernüchternden Anteil der Nichtwähler (40,6 Prozent), wo sich auch noch die Resignierten tummeln, die sich durch keine Partei repräsentiert fühlen. Da machen die kleinen Parteien was falsch! Traurig, wenn sich daran bis zur Bundestagswahl nichts ändern sollte. SABINE MIEHE, Marburg
Wirklich unverständlich
■ betr.: „Da geht noch mehr“, taz vom 22. 1. 13
Sie haben recht: die programmatische Übereinstimmung ist eklatant. Mit einem kleinen Partner, der (im Osten) Bodenhaftung hat und soziale Themen in den Fokus rückt, können die fortschrittlichen Kräfte in der Bundesrepublik doch nur gewinnen. Wirklich unverständlich, dass SPD und Grüne nicht über ihre eigenen Schatten springen können.
Bei der nächsten Bundestagswahl könnte Deutschland links der Mitte zusammenwachsen – oder muss das erst in Berlin vorgemacht werden? Immerhin gibt es hier keinen Banken-Steinbrück, und ob Wowereit noch mal will? NORBERT VOSS, Berlin
In Misskredit gebracht
■ betr.: „Acht Jahre ohne Strom“, taz vom 23. 1. 13
Wieder einmal wird die Energiewende in Misskredit gebracht: „Vor allem die Energiewende treibt den Strompreis“. Aber der Anteil der EEG-Umlage an den Preissteigerungen seit dem Jahre 2000 liegt bei 40 Prozent. Zudem ist die EEG-Umlage zu hoch angesetzt und die Energiekonzerne nützen jede Erhöhung dieser Umlage für zusätzliche nicht angemessene Preissteigerungen aus. Ein um zwei Cent günstigerer Strompreis wäre für die Wirtschaftlichkeit der Konzerne ein immer noch angemessener Preis. ARTUR BORST, Tübingen